Donnerstag, 20. April 2017

Bürgers Schwabenmädel

Ach, das Internet! Es gräbt die schönsten alten Dinge aus:

"Bürgers Neugierde und Erwiderung des Gedichtes. 281

Obgleich Bürger in einem Briefe an Boie sagt, die Verse des anonymen Gedichtes seien leider nicht viel wert, hatten sie tiefen Eindruck auf ihn gemacht. Seine Phantasie wurde durch den poetischen Heiratsantrag mächtig erregt, seine Gedanken gehörten fortan nur seiner unbekannten Verehrerin. „Ist die ganze Geschichte nicht drollig? Es ist doch wenigstens eine artige Anekdote in der Geschichte der deutschen Litteratur," meinte der arglose Dichter, der von dem Ausgange dieses Abenteuers keine Ahnung haben konnte, da er sonst vor der poetischen Ehewerberin schleunigst die Flucht ergriffen hätte. Der Bedauernswerte dachte sogar mit Vorliebe daran, ob nicht doch vielleicht daraus Ernst werden könnte; dieses kühne Schwabenmädchen wäre vielleicht imstande, ihm die unvergessliche Molly zu ersetzen. Er sah ein, „dass das Weib, welches das Bild der Einzigund Höchstgeliebten unvergesslichen gänzlich in Schatten zurückzudrängen vermöchte, ein wahres Meister- und Schöpferwerk an ihm verrichten würde", aber warum sollte es dieser feurigen Emanzipierten nicht gelingen? Gewiss eher ihr, als einer anderen! Längst hatte er geglaubt, dass ihm ein solches Glück an seines Lebens „Nachmittag" nicht mehr beschieden sei -- was er jedoch dafür hielt, war nur ein Unglück, das seinen Lebensabend noch verkürzte."  (Wurzbach)