Der Sprachkritiker M., dessen Kritikstil ich jüngst ein wenig überhart kritisiert habe, schreibt mir in einer Mail: "Dass ich im Hinblick auf Sprache und Stil und Textsorte überempfindlich bin, ist mir selbst bewusst. Da brauche ich keine Hinweise. Ich habe genügend Selbstdistanz, um das zu wissen. Aber Sie können ja wieder einmal einen Fall prüfen:
Der Kölner Medienunternehmer Konstantin Neven DuMont teilte auf seiner Facebook-Seite mit: 'Für mich ist es unfassbar, dass Robin Meyer-Lucht so plötzlich gestorben ist. Die Gespräche mit ihm habe ich immer geschätzt.'
Was sagen Sie dazu?
Ich [M.] sage: Es galt doch mal die Regel, dass man nicht per Fax, E-Mail oder SMS kondoliert. Daran musste ich denken, als ich das gelesen habe. Meine Norm ist: Man schreibt keine Nachrufe auf Facebook! Und eigentlich auch nicht im sonstigen Internet.
Das zum einen. Dann würde ich gerne fragen, ob man denn kein besseres Wort als unfassbar finden kann in einem solchen Fall. Was ist das, mal ehrlich, für ein Gefühl, wenn jemand 'plötzlich und unerwartet' gestorben ist? Kommt drauf an, wie gut man den Betreffenden kannte, oder? Unfassbar ist jedenfalls ein Allerweltswort, das im Grunde doch nur sagt: 'So gut kannte ich diesen Mann nun auch wieder nicht. Aber klar -- überrascht war ich schon. War ja gar nicht krank. Nicht soweit ich weiß.'
In die gleiche Richtung dieses hölzerne mit den immer geschätzten Gesprächen. Eine Formulierung, die in der bedeutsamen Unbe- deutendheit an die Floskeln Arbeitszeugnissen erinnert: 'Die konstruktive Kritik von Herrn M. haben wir immer sehr geschätzt.' Bei den Arbeitszeugnissen heißt das dann wohl: 'Vorsicht! Der Typ ist ein Querulant und eine Nervensäge obendrein!' Bei Neven DuMont klingt es wie: 'Die sprunghafte Art von diesem Mann hat mich immer wieder mal verrückt gemacht.'"
Ja nun, was soll ich armer Tropf denn dazu sagen? Überkandidelt, diese Kritik, würde ich sagen.
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