Ich habe immer darüber nachgedacht, dass ich von Ludwig Wittgenstein wahrscheinlich mit einer Krankheit infiziert worden bin. (Vielleicht gibt es ja, so wie es in der materiellen Welt die seltsamen Wesen gibt, die man Viren nennt -- vielleicht gibt es im Bereich des Geistes eine Spezialform der Meme, die winzig klein und ohne eigenen Stoffwechsel sind, die aber psychische Defekte übertragen, und die Ansteckung erfolgt über das Lesen.) Die Wittgensteinsche Krankheit will ich extreme kreative Sprunghaftigkeit nennen und mit EKS abkürzen. Vielleicht sollte ich die Sache aber auch gleich Internationalisieren und von extreme creative volatility, ECV, sprechen. Diese Krankheit äußert sich darin, dass man nicht in Linien zu denken und auch nicht in Linien zu schreiben vermag.
Und nun das Eigentliche: Die Wendung, dass Genie und Wahnsinn nahe beieinanderliegen, ist schon seit langem zu einer Modefloskel für Juristen und andere Liniendenker verkommen. Was Wittgenstein angeht, so halte ich das Gerede, dass er ein Genie gewesen sei, der Wortarmut mancher akademischer und publizistischer Kreise geschuldet. Wahnsinnig war Wittgenstein ja ohnehin nicht. Warum also nicht einfach: Sprunghaftigkeit und Kreativität liegen nahe beieinander. Oder doch: Sprunghaftigkeit und wirklich eigen- ständiges Denken? Vielleicht sind sie auch die Seiten ein und derselben Münze. Und nun: Es kömmt darauf an, diese beiden Seiten mit der Routine des Denkens und vor allem: des Schreibens zu versöhnen.
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