U-Bahn Marienplatz. Kurzes Warten auf den nächsten Zug. Ein Mann, groß, kommt an, geht mit schnellem Schritt an mir vorbei, exakt an die Haltelinie. Sofort weiß man: Er wird der erste sein, der in den nächsten Zug steigt. Das tut er dann auch. Ich, der ich mit ein paar Leuten dazwischen, in den Zug komme, habe dennoch den Sitzplatz dem tüchtigen Mann schräg gegenüber. Ich kann ihn betrachten: Schneidig irgendwie ist er. Schlank, enge Hosen, Business-Hemd nennt man das wohl. Militärischer Haarschnitt, kurz, stoppelig. Er liest den Sportteil der Süddeutschen.
Mir gegenüber eine Frau: Beige, nein gelbliche Grundtöne. Rock und Bluse zu weit. Der Rock eine Handbreit in den Unterschenkel hinein, auch hier, im Sitzen. Altjüngferlich würde man sagen, wenn es das Wort heute noch gäbe. Passend dazu ist die Frau sehr ernst. Die Haare streng gelegt, grau gesträhnt oder strähnig-grau, und am Hinterkopf ein Knoten. Eine Sonnenbrille an einer Lesebrillen-Leine um den Hals. Liest mit dem Stift in der Hand in etwas, das aussieht, als käme es aus einem Aktenordner.
Lebensentwürfe, die sich in kurzen Beschreibungen vage abzeichnen wie der Körper unter der Bettdecke.
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