Weil ich eben beim Konstruktivismus war, radikal oder nicht, wollte ich endlich mal mein Gedächtnis mit der entsprechenden Stelle kurzschließen. Hier ist sie, die Stelle!
"Einige Verwirrung richten auch Mißverständnisse und Vorurteile an. So geht aus wiederholten Andeutungen von M. Wandruszka deutlich hervor, daß ihm besonders die Rede von einem Weltbild einer Muttersprache recht suspekt ist. Ich sehe nicht ein, was dagegen spricht, die bestehenden inhaltlichen Eigentümlichkeiten einer Sprache als zu ihrem geistigen Weltbild gehörig zusammenzustellen. Ein Vergleich kann es leicht deutlich machen: wenn für Europa seit Hipparch und Ptolemäus der sichtbare Sternhimmel in 48 Sternbilder aufgegliedert war, während in China für den dort sichtbaren Ausschnitt seit dem 3. Jhd. 283 Sternbilder galten, so wird man wohl mit Recht sagen können, daß diese Aufgliederungen zum Weltbild der Völker gehörten, bei denen sie galten. Sind die im engeren Sinne sprachlichen Felder, das Verwandtschafts-, das Farbenfeld nicht ebenso zu beurteilen? Was soll dagegen sprechen, sie zum muttersprachlichen Weltbild der Sprachgemeinschaften zu rechnen, bei denen sie gelten? Und was die ‘Bevormundung’ durch solche sprachlichen Weltbilder angeht: wird sie erleichtert durch einen nivellierenden Sprachvergleich? Ich wüßte nicht, daß ich eine Befreiung verspürt hätte, als ich die Gliederung von Wortfeldern, deren muttersprachlicher Geltung ich selbst unterstehe, wissenschaftlich durchschauen lernte." (Weisgerber, Die geistige Seite der Sprache und ihre Erforschung)
Was habe ich immer dazu gesagt?
- Weltbild ist mir, nicht nur hier und in diesem Zusammenhang, ein viel zu großes Wort für die Sprachgebundenheiten. Bessere Begriffe wären schlicht Zusammenhänge oder Zusammenhangskonstrukte. So vielleicht.
- Was soll das Weltbild der deutschen Sprache sein, wenn doch Marx, Hitler und Popper ihre Ideen auf Deutsch niedergeschrieben haben?