Freitag, 3. September 2010

Alfred Ploetz und die Rassenhygiene

Im SZ-Magazin von heute, Nr. 35, eine Sarrazin-Buch-Kritik, auf S. 6. Darin, dass Alfred Ploetz der Begründer, nein, der Erfinder des Begriffs der Rassenhygiene sei. (Erstaunlich: der SZ-M-Text ist schon und auch im Netz!) Ich schaue bei Wikipedia nach, die so etwas -- das mit der Rassenhygiene -- natürlich schon längst weiß.

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Jetzt aber auch noch das, von mir: Wenn alle einhellig gegen Sarrazin sind -- letzthin bei der Fernsehdiskussion hatte man, was ja meist im Fernsehen so tun, keinen einzigen Sarrazin-Unterstützer gegen den Rest der Truppe gefunden -, dann muss man doch fragen, warum sich alle auf einmal so aufregen. Es kann doch gar nicht wichtig sein, wenn außer Sarrazin keiner dieser Meinung mit den Muslimen und den Kopftuchmädchen und der Geburtenrate ist. Oder in den Worten des SZ-M-Kolumnisten:

"Doch das Rätsel liegt nicht darin, warum ein solches Werk geschrieben wird – es erscheint viel Gewäsch –, sondern warum es seit zehn Tagen mit solcher Vehemenz als Debattenstifter in Erscheinung tritt. Hat es das schon einmal gegeben, dass die beiden Leitmedien der Nachrichtenproduktion, die Bild-Zeitung und ihr seriös wirkender Zwillingsbruder, der Spiegel, in ganzen Artikelserien dasselbe Buch vorstellen?"

Meine Vermutung: Im inneren Kern tragen viele Leute die Sarrazinschen Ängste und Vorurteile mit sich herum. Werden von ihnen auch gebeutelt. Stimmen ihnen auf der Ebene ihres Es, also tief drunten, auch zu. Aber dann, wenn sie öffentlich auftreten, dann müssen sie sich zu ihrem Über-Ich, dem guten, tollen, politisch korrekten bekennen, und dann verdammen sie natürlich Sarrazin und seine Thesen.

Das große Interesse aber rührt genau daher: Weil es diesen Interessenkonflikt tief drin in den Menschen gibt und sie ihn loswerden wollen. Aber nicht loswerden können. Also wollen sie wenigstens darüber lesen, reden -- sich als die Korrekten zu erkennen geben.

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Rassenhygiene war ursprünglich der deutsche Begriff für Eugenik. Die Inhalte sind jeweils nicht eindeutig abgegrenzt, die Termini werden oft synonym gebraucht.
Der Begriff geht zurück auf den Arzt Alfred Ploetz, der ihn in seinem Buch Die Tüchtigkeit unserer Rasse und der Schutz der Schwachen von 1895 erstmals als deutsches Synonym für Eugenik verwendete.

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Alfred Ploetz verbrachte seine Schulzeit in Breslau. Bereits damals schloss er Freundschaft mit seinem Klassenkameraden Carl Hauptmann, Bruder von Gerhart Hauptmann. Als Primaner gründete er 1879 einen Schülergeheimbund zur „Ertüchtigung der Rasse“. In Gerhart Hauptmanns Drama Vor Sonnenaufgang, das am 20. Oktober 1889 in Berlin uraufgeführt wurde und am Fall einer „degenerierten“ Familie die Gefahren vererbter physisch-psychischer Belastungen für die Gesellschaft zeigt, trägt die Schlüsselfigur des Journalisten Loth die Züge von Ploetz.

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