Montag, 20. November 2017

Die Kinder bringt der Stoch!

DIE ZEIT: Herr Stoch, alle paar Monate herrscht in der Republik große Aufregung, weil irgendwo eine Unisex-Toilette eröffnet wird oder Kita-Kinder über Sex aufgeklärt werden. Sie haben als Kultusminister der damaligen grün-roten Landesregierung in Baden-Württemberg den ersten dieser Kämpfe ausgefochten. Ihnen wurde vorgeworfen, einen sexualisierten Lehrplan durchsetzen zu wollen.

Andreas Stoch: Das Thema kam für mich aus heiterem Himmel. Ich wusste, dass es in den 1970er Jahren eine Debatte darum gab, wer Kinder aufklären sollte. Nur die Eltern? Auch die Schule? Aus meiner Sicht sind beide wichtig. Für mich war das aber durch.

ZEIT: Ein Missverständnis.

Stoch: Das wirkliche Missverständnis war, dass es nicht um Sexualkunde ging, sondern um einen neuen Bildungsplan, also um den Lehrplan für die nächsten Jahre. In dem wollten wir fächerübergreifend das Thema Toleranz verankern gegenüber nicht heterosexuellen Menschen. Es ging dabei nie um Sexualpraktiken, wie das von böswilligen Menschen unterstellt wurde.


Wer macht mit? Wir verabschieden uns mit lauten Erklärungen aus diesem Themenbereich: wegen nachgewiesenen irrlichternder Widersprüchlichkeit in dieser unserer Gesellschaft? Da ist erlaubt: dass im Fernsehen Menschen nackt aufeinander losgelassen werden, für Zuschauer, die darauf warten, wann die ersten kopulieren. Und Zeitungen, die am nächsten Tag über den Stand der Dinge berichten. Dann aber wundert man sich über manche sexistische Runden?! Oder mal anders gesagt: Dass Frauen sehr kurze Röcke tragen können, ohne dass Männer vergewaltigend über sie herfallen, ist ein junges, noch nicht in allen Kulturen angekommene Form der Triebunterdrückung.

Das wäre doch mal was für den Sexualkundeunterricht. Mit ergänzender Einladung an jenen ägyptischen Rechtsanwalt und Fachmann, der, noch nicht lang her, meinte, man müsse Frauen, die zerrissene Jeans tragen, einfach vergewaltigen. Die forderten die Vergewaltigung doch nachgerade heraus! So wird Multikulti gemacht! Denn merke: Die Kulturen sind nicht alle so, wie Deutsch-Krethi und Deutsch-Plethi sich das so vorstellen.