Dienstag, 17. September 2019

"Rassen gibt es nicht"

Manchmal müsste man die hochkarätigen Naturwissenschaftler doch zu den Linguisten und Sprachphilosophen schicken, eine Nachschulung stünde an.

Welche Bedeutung kann der Satz "Es gibt (nicht) X" haben?

Wollen wir mal darüber nachdenken. Und vielleicht mit unterschiedlichen Arten, die Existenz zu postulieren, anfangen. Da gibt es dann -- soziale Konstrukte.

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Jena, 15. November 1930. Hans F. K. Günther hält seine Antrittsvorlesung. Für den nicht habilitierten Publizisten, Hauptwerk: Rassenkunde des deutschen Volkes, ist gegen den Willen der Universität ein Lehrstuhl für Sozialanthropologie eingerichtet worden. In der überfüllten Aula erscheinen Adolf Hitler, Hermann Göring und Rudolf Heß. Es ist das erste Mal, dass Hitler eine Universität betritt, und es ist das letzte Mal. Ein deutliches Signal an die verhasste akademische Elite.

Jena, 10. September 2019. Martin Fischer spricht auf der 112. Jahrestagung der Deutschen Zoologischen Gesellschaft. Er stellt die Jenaer Erklärung vor. Monatelang haben vier Professoren an den dreieinhalb Seiten gearbeitet: die Zoologen Martin Fischer und Stefan Richter, der Genetiker Johannes Krause und der Wissenschaftshistoriker Uwe Hoßfeld. Ihre Erklärung sollte so kurz wie möglich sein und doch vollständig in ihrer Argumentation. Die Botschaft: Rassen gibt es nicht. Oder, so die Überschrift des Papiers: "Das Konzept der Rasse ist das Ergebnis von Rassismus und nicht dessen Voraussetzung".

Die Begründung ist streng biologisch: "Es gibt im menschlichen Genom unter den 3,2 Milliarden Basenpaaren keinen einzigen fixierten Unterschied, der zum Beispiel Afrikaner von Nicht-Afrikanern trennt. Es gibt – um es explizit zu sagen – somit nicht nur kein einziges Gen, welches ›rassische‹ Unterschiede begründet, sondern noch nicht mal ein einziges Basenpaar." Die Erklärung, so genau sie wissenschaftlich argumentiert, ist vor allem ein politisches Zeichen: ein Signal an eine Gesellschaft, in der rassistisches Gedankengut in den vergangenen Jahren immer weiter in die Mitte gerückt ist. (zeit.de)

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Kleine Splitter ...

  • Es gibt (nur) 8 Planeten in unserem Sonnensystem. (Die Macht der Entscheidung.)
  • Es gibt keine Nazis. (Weil es kein Nazi-Merkmal im Genom gibt.)
  • Es gibt keine HSV- und St.-Pauli-Anhänger. (Dieselbe Begründung. Was bestimmte Gruppen  freilich nicht daran hindert, sich im Namen ihrer Anhängerschaft die Köpfe einzuschlagen.)
  • ... 

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