Freitag, 13. September 2019

James Fixx und die Statistik

Dass statistische Daten nichts mit Korrelation und Kausalität zu tun haben müssen, lernt jeder in der ersten Woche des ersten Statistik-Kurses. Das bekannteste Beispiel vielleicht: Wenn die Zahl der Störche und die Zahl Geburten in Schweden im annähernd perfekten Gleichschritt größer werden, heißt das nicht, dass die Störche die Babys bringen. Diese eher schlichte Einsicht hält aber Zeitungen -- ja und auch richtige Wissenschaftler -- davon ab, seltsame Schein-Erkenntnisse lauthals zu verkünden.

Testpersonen, die regelmäßig joggten hatten eine 30 Prozent geringere Sterblichkeitsrate als die, die nie liefen. Das Risiko, an einer Herzkrankheit zu sterben, war sogar um 45 Prozent kleiner. Und das sogar, wenn die Läufer übergewichtig oder Raucher waren. Selbst wenn sie beides waren, lebten sie länger als die, die nie liefen.

Das erste, was man fragen muss: Werden diese Leute älter, weil sie laufen, oder laufen sie, weil sie wahrscheinlich älter werden. Genauer: weil ihnen ihr Körper vorgibt, dass sie eine gute Konstitution haben und darum laufen können. Das könnte auch bedeuten, dass Menschen, die nicht diese Konstitution haben und trotzdem laufen, ihre Lebenserwartung bedeutend verkürzen können -- durch das Laufen!

Nicht ausgereifter Beleg gefällig. Na gut, vielleicht kennen Sie ihn schon:

James Fixx, 52. Bei einer Reportage über Mensa, jenen internationalen Club von Menschen mit ungewöhnlich hohen Intelligenzquotienten, unterzog sich der Journalist zum Spaß allen Aufnahmetests -- und meisterte sie spielend. Zu einem gesunden Körper kam er per Zufall. Nach einer Beinmuskelverletzung riet ihm der Arzt zum Laufen. Das Bein wurde wieder kräftig, Fixx gewöhnte sich das Rauchen ab, verlor 22 Kilo Übergewicht und wurde nach einigen tausend Kilometern zu Fuß zum Jogging-Papst. "The Complete Book of Running" (Das komplette Buch vom Laufen) ist in zwölf Sprachen übersetzt worden und ließ Millionen seinem Credo nacheifern: "Lauf dem Herzinfarkt davon." James Fixx starb jetzt [der Bericht hier ist vom 30.07.1984] beim Joggen auf einer Landstraße im US-Bundesstaat Vermont an einem Herzinfarkt. (spiegel.de)

Und dann weiter in Richtung Statistik und der Feststellung, dass Mr Fixx vielleicht doch rechtzeitig den SPIEGEL hätte lesen sollen:

23.04.1979 „Hunderte von Todesfällen beim Laufen“ Ist Jogging gefährlich? || Von einem Trimm-dich-Trab zurückgekehrt, starb Peter Burrows, 53, einer der führenden britischen Sportärzte, kürzlich an Herzversagen. Und nach der Überanstrengung durch Schneeschippen stieg in Norddeutschland in diesem Winter die Infarkt-Rate. Kontrovers beantworten die Frage nach den Jogging-Gefahren zwei amerikanische Mediziner, der Orthopäde Dr. David Brody, selber Langstreckenläufer, und der Herzspezialist Dr. Meyer Friedman, der Jogging zumindest für einen möglichen Auslöser von Herzinfarkten hält. (spiegel.de)

--




Keine Kommentare:

Kommentar veröffentlichen