Okay, der politische Profi wird das Folgende eine einzige Naivität nennen. Aber die politischen Profis in früheren Zeiten haben wahrscheinlich die Abschaffung der Sklaverei und der Todesstrafe und das postulierte Ende des Kolonialismus auch als naive Idee bezeichnet.
Also, nach der morgigen Zeitungslektüre: Es gibt Krisenstellen auf der Welt, die es so lange gibt, dass sie nur noch vollkommen ratlos machen oder ersatzweise entsetzlich nerven. Manche Krisenstellen sind geografisch zu orten, wie das Israel-Palästina-Problem, andere sind allgemein -- strukturell, wie man so sagt; dazu gehört das politische und wirtschaftliche Elend in Afrika, das die Menschen aus fruchtbaren und oft auch rohstoffreichen Ländern an die Mauer der "Festung Europa" treibt. Wo dann, oben in der Festung, die, die gut sein wollen, debattieren und dafür sind, die Menschen doch reinzulassen. Es klingt dies nicht zufällig nach wohlfeilen politischen Karneval. Denn: Wie viele Menschen da reingelassen werden sollen und nach welchen Kriterien diese Menschen ausgewählt werden, und was das auf lange Frist für Folgen für die "Festung" hat -- das sagen diese angenehm guten Menschen nicht.
Beispiele, stellvertretend:
"Elfenbeinküste. "Ouattara ist genauso blutrünstig wie sein Widersacher". Angst und Gewalt bestimmen das Leben der Menschen in der Elfenbeinküste, wo ein blutiger Machtkampf tobt. Jens-Uwe Hettmann leitet in Abidjan das Büro der Friedrich-Ebert-Stiftung. Seine Warnung: Selbst wenn es gelingt, den Despoten Gbagbo zu stürzen, wendet sich damit nichts zum Guten."
"Beziehungen zwischen Deutschland und Israel. Harsche Aussprache zwischen Merkel und Netanjahu? Es ist das aktuelle Top-Thema der israelischen Zeitung "Haaretz". Merkel rügt Netanjahu, nichts für den Frieden zu tun, lautet die Überschrift. Dann berichtet das links-liberale Blatt unter Berufung auf Quellen in Jerusalem und Berlin über ein Telefongespräch zwischen der deutschen Kanzlerin und Israels Premier. Regierungssprecher Steffen Seibert bestätigte das Telefonat. Dass es dabei zu einem heftigen und lautstarken Wortwechsel gekommen sein soll, bestätigte er hingegen nicht. Dies sei "mit Sicherheit nicht der Ton der Kanzlerin"."
Nun denn, wir brauchen eine neue Art von UNO. Eine mit Macht. Eine, die nicht von den politischen Interessen der Großen gelähmt wird. Eine UNO, in der die Vernunft regiert. Und -- ja, es gibt eine Vernunft jenseits der Interessen, Freunde!
Also, diese neue UNO, sie sollte Entwicklungen beobachten und Fristen setzen. Bleiben die Zustände, die der Korruption die Bürgerkriege, die Unterdrückung der Meinungen, usw. usf., bleiben diese Zustände über längere Zeit bestehen, so muss diese neue UNO willens und in der Lage sein, Länder unter ihre Vormundschaft zu stellen. In Afrika sollte der Vormund, der ernannt wird, durchaus aus Afrika kommen. Wenn es mit dem nicht klappt, aber halt doch aus Asien oder, sei's drum: Europa. (Vor vielen Jahren habe ich einmal im SPIEGEL gelesen: Ein verzweifelter Afrikaner habe gerufen, die Europäischen Ex-Kolonialmächte sollten doch für einige Zeit wieder zurückkommen und Ordnung schaffen in den Ländern, in denen nur Elend und Gewalt herrscht. Die Unabhängigkeit erst wieder erklären, wenn die Länder nicht von Korruption und Gewalt regiert werden. Da ist natürlich keiner darauf eingegangen. Sowas wollen sich ja auch die Ex-Kolonialisten antun.) Es muss Anreize, nicht nur finanzielle Anreize, für die Bevölkerung geben, lieben oder einfach althergebrachten Sitten wie Korruption oder Frauenunterdrückung abzuschwören.
Und der Nahe Osten? Ein Schiedsgericht muss her, das Israel und die Palästinenser unter Vormundschaft stellt. (Ja, ja, da muss das gute alte Prinzip der Souveränität von Staaten halt mal ausgesetzt werden. Na und?) Ein Schiedsgericht, das Grenzen zieht und Mittel verteilt. Hinter den Kulissen darf für einige Zeit durchaus gefeilscht werden. Aber wenn das Feilschen nicht binnen Frist zum Erfolg führt, dann wird die Entscheidungsgruppe schnell ausgetauscht. Als Ganzes! Diese Ganzheit führt dazu, dass intern ein Druck zur Einigung aufgebaut wird. Also -- Grenzen für Israel und die Palästinenser, und eine demokratische Infrastruktur für die Palästinenser. Eine, die zu stabilen Verhältnissen führt, wie man so sagt. Die nicht dazu führt, dass auf dem ausgewiesenen Gebiet gleich drei neue palästinensische Winzigstaaten gebildet werden, weil halt jede Gruppierung ihren eigenen Präsidenten haben will. Und endlich einmal die heutigen Realpolitiker, die sich gerne selbst für unersetzlich erklären und dennoch nichts hinkriegen -- diese Realpolitiker werden mit Beschluss der neuen UNO in die Wüste geschickt!
Und haben wir einmal eine Lösung -- die Presse und "die Öffentlichkeit" wird aufschreien. Aber da ist nur wichtig, dass der Aufschrei auf beiden Seiten ungefähr gleich laut ist. Denn, dass sie zu kurz kommen, das glauben doch alle und immer. Dieses nervige Sich-Aufspielen kann nicht das Problem sein. Wir müssen Komplettvorschlägen eine Chance geben.