Die beiden folgenden Punkte wollte ich schon lange einmal festhalten. Jetzt also ein SPIEGEL-Online-Artikel mit Doppel-Beispiel:
"Der 25-Jährige war nach der Tat am Donnerstag untergetaucht. Er soll im Stadtteil Wedding mehrere Kugeln aus einer Handfeuerwaffe auf ein vollbesetztes Auto abgegeben haben."
Erster Punkt:
Es ist ein Reflex geworden, dieses A soll XY getan haben auf jeden Fall zu verwenden, wenn jemand noch nicht rechtskräftig verurteilt ist. In allen Fällen, in denen jemand ohne allen erkennbaren Zweifel das getan hat, was ihm zur Last gelegt wird, wirkt dieses soll ziemlich daneben. Man spürt einfach die juristic correctness, die leerläuft und nur noch lächerlich ist. Wahrscheinlich ein Triumph des juristischen Denkens. Grundsatz: 'Der Kosmos existiert erst dann, wenn diese Tatsache gerichtlich festgestellt worden ist.'
Zweiter Punkt:
"Mehmet Y. hatte schon vor der Tat mehreren Menschen damit gedroht, sie umzubringen. Nach SPIEGEL-Informationen läuft daher ein Verfahren gegen den 25-Jährigen beim Amtsgericht Tiergarten. Ob es sich bei den Bedrohten um die Ehefrau und ihre Familienangehörigen handelt, ließ das Gericht offen. Laut 'Bild-Zeitung' hatte Mehmet Y. allerdings schon wenige Tage nach der Trennung zu seiner Frau Feride gesagt: 'Wenn du nicht zurückkommst, jage ich dir eine Kugel in den Kopf.'"
Manche Menschen verwenden die Wörter BILD und Bild-Zeitung, als ob sie vom Gottseibeiuns oder vom Ohne-allen-Zweifel-Bösen sprechen. Ich halte das für einen 68er-Reflex, der wie ein Echo über der publizistischen Landschaft liegt. Irgendwie ist mir diese axiomatische Verteufelung -- nun ja, einfach unangegenem. BILD ist Boulevard, ja sicher. BILD nimmt es mit der Korrektheit manchmal nicht so genau, vor allem nicht, wenn es der Auflagenmehrung dient. Ok, geschenkt. Aber das tun viele "Medien", ohne dass gleich die Reflexe Alarm schlagen. Und wenn jetzt sogar der SPIEGEL die BILD zitiert...!
Ach, ja -- warum in Anführungzeichen? Ist das die Art, wie früher die Springer-Zeitungen die "DDR" verwendet haben?
Keine Kommentare:
Kommentar veröffentlichen