Montag, 28. Oktober 2013

"Aussprache der deutschen Sprache"

Ich würde ja gerne was bei der Wikipedia-Diskussion einfügen, aber da funktioniert im Moment die Formuatierungsleiste nicht. Nichts mit Unterschreiben, Kursiv und so. Also erst mal hier:

So geht es der Wikipedia, wenn sie nach der Literatur geht und das Denken ausschaltet und ein Buch von einem anderen abschreibt, bis die Sache schließlich, mit extrem guter Beleglage, in der WP landet:

"Gegen Ende des 18. Jahrhunderts galt die sächsische Aussprache des Standarddeutschen als vorbildlich. Das lag am großen Einfluss der sächsischen Fürstentümer auf die deutsche Kultur."

Die sächsische ''Kanzleisprache'' war was Schriftliches. Das Geschriebene und die Aktenführung war ein Vorbild, aber doch nicht die Aussprache! Nun gut, wir haben Null Ahnung, wie die sächsische, angeblich vorbildliche Aussprache seinerzeit war und was als vorbildlich erachtet wurde, denn keiner hat Tonaufnahmen aus dieser Zeit. Das Sächsische hat mit -- diese Wendung stimmt ausnahmsweise -- ''mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit'' noch ursprünglicher und also kruder geklungen als heute. Keiner hat sich, sagt sich doch jeder, der ein wenig nachdenkt, an einem solchen Vorbild orientiert. Sonst würde die Tageschau heute sächsisch klingen. Tut sie aber nicht. Nedwoa, mai Guudster!

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Leicht verändert hab ich das nun, unterschrieben, zur Diskussion gestellt. Mal schauen.

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Hey, es hat doch tatsächlich jemand geantwortet!

Sächsisch wäre damals als nicht mehr und nicht weniger "krude" empfunden worden als jeder andere Dialekt, da es ja eine Norm nicht gab. Die Bezugsgröße, um Krudität eines Akzents zu messen, konnte für jeden Sprecher nur der Akzent der eigenen Heimat sein. Wenn man Texte vorgelesen hat oder nach der Schrift versucht hat zu sprechen, geschah das überall mit dem heimatlichen Akzent und wahrscheinlich mit einem Maß an dialektaler Interferenz, das heute völlig inakzeptabel wäre. | Ob Sächsisch je als Ausspracheideal galt, weiß ich nicht - es müsste sich recherchieren lassen, aber mir fehlt die Zeit. | Jedenfalls galt es als das korrekteste Deutsch, weil Sachsen nunmal eine Gegend war, in der ein typischer kolonialer Ausgleichsdialekt gesprochen wurde, der der Schriftsprache (die ja auf der sächsischen Kanzleisprache basiert) sehr nahe kam. | Die norddeutsche Aussprachenorm, die heute vorherrscht, geht auf das späte 19. Jahrhundert zurück, als das Bürgertum der norddeutschen Städte die Schriftsprache zur Umgangssprache erwählt hatte und als Theodor Siebs sie zur Bühnenaussprache erhob. Yupanqui , 1. Nov. 2013

Meine Antwort:

Danke, Yupanqui, für die Überlegungen. Es müssten dennoch Belege her. Bis es soweit ist, glaub ich in Sachen Sächsisch als Aussprachevorbild kein Wort. So schnell kann sich die Sprachästhetik einfach nicht ändern. Und ich habe auch, außer in Bücher über das Schriftliche der sächsischen Kanzlei -- dem Schriftlichen! -- noch nirgendwo was Zeitgenössisches gelesen, dass jemand die Aussprache von Sächsisch im 18. Jh. als vorbildlich angesehen hätte. Dafür kenne ich -- ich bin Linguist -- die Gepflogenheit, irgendwelche Behauptungen über Generationen hinweg immer wieder von den Altvorderen abzuschreiben. Das Ganze erinnert mich sehr an den Eisengehalt von Spinat. Oder an die angeblich vielen Wörter der Eskimos für Schneesorten. Keiner wusste, wie viele Wörter es genau sind oder gar wie diese Wörter denn lauten. Aber viele waren es auf jeden Fall, das wusste jeder Studienrat und dann auch jeder Schüler. Bis dann Laura Martin mal genauer hingeschaut hat. 2. Nov. 2013