Freitag, 11. Dezember 2015

Martenstein zu Schmidt

Warum glauben manche Buchkritiker, dass es sie ziert oder als mutig ausweist, wenn sie mal eben  in einer Rezension"die Sau rauslassen"? Beispiel: Über Martenstein -- etwas zurück: 2010 -- komme ich zu Christopher Schmidt, der Marteinsteins Roman 'Gefühlte Nähe' verrissen hat.

Vorbildlich und sehr aufgeklärt: Martenstein macht sich die Mühe, auf die Kritik zu antworten! Kleiner Auszug:

"... Am meisten wunderte mich Schmidts Vorwurf, ich sei 'onaniersüchtig'. So oft onaniere ich wirklich nicht. Sonst könnte ich doch gar nicht so viele Kolumnen schreiben. Ich würde es, wenn es zuträfe, zugeben – was ist schon dabei? Heutzutage ist das doch kein Tabu mehr. 90 Prozent aller Menschen tun es, auch Schmidt sollte es ruhig einmal tun. Der Vorwurf ist außerdem unlogisch, denn eine Person kann doch nicht, wie Schmidt es mir vorwirft, gleichzeitig unter 'Samenstau' und unter 'Onaniersucht' leiden. Da muss er sich in seiner Wut zwischen den beiden Vorwürfen schon entscheiden."

Eine kleine Kritik an beiden, den Kritiker und den Kritisierten: Beide machen sich nicht die Mühe, zwischen Autor, Erzähler und Gestalt des Romans zu unterscheiden. Aber von dieser Petitesse mal abgesehen: Knock-out-Sieg für Martenstein.

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"Im Nachgang", wie die deutsche Verwaltung so sagt. Was mir alles so auffällt!

"Neue Trends, die aktuelle Herbstmode, was gibt es denn da so? Ich würde sagen, der wichtigste neue Trend ist der Hass. Und die Gewalt natürlich! In Deutschland wird in einer so heftigen Weise und so zahlreich gehasst, wie ich es seit Jahrzehnten nicht erlebt habe – zuletzt vielleicht Ende der 60er Jahre, als sich die APO und die Gegner der APO gehasst haben. Da war ich noch klein, aber man hat’s auch als Kind gespürt." (Tagesspiegel)

Ich hab nachgesehen: Martenstein ist am 9. September 1953 geboren. 1968 war er mithin 15 Jahre alt. Noch klein? Nun ja, kommt natürlich drauf an. Vielleicht war er ja ein Spätentwickler.