Notizbuch: Interview mit Klaus Siblewki, Luchterhand Verlag, über den Berufsstand "Lektor" und Angrenzendes. (HAZ)
Geht es nicht statt um Identität eher ums Überleben? Schließlich drängen die sogenannten Selfpublisher auf den Markt, die ihre Bücher ohne Verlag veröffentlichen.
Der Beruf wird so bald nicht überflüssig werden. Die Arbeit eines Lektors, der aus einem Manuskript das Beste herausholt, wird künftig sogar deutlicher erkennbar: im Kontrast zu den Büchern, die ganz ohne Verlagsbeteiligung auf den Markt kommen. Egal aber, wie sich das Verlagswesen entwickelt: Ein Lektor sollte - auch bei den veränderten Marktbedingungen - den Ehrgeiz haben, seine Handschrift, sein grundsätzliches Verständnis von Literatur deutlich zu machen. Selbst wenn in Verlagen stärker punktuell und saisonal gedacht wird als früher.
Müssen angesichts der Menge an schlechten Manuskripten Lektoren nicht einfach lernen, öfter mal nein zu sagen?
Ich bin mir nicht sicher, ob es zu viel schlechte Literatur gibt. Ich meine vielmehr, dass es zu wenig unterschiedliche Literatur gibt. Außerdem legen wir zurzeit zu viel Wert auf das Erzählerische, dadurch kann sich eine vielgestaltigere, reizvollere Literatur nur schwer durchsetzen.
Die meisten Leser sind aber durchaus froh, dass jetzt auch die Deutschen erzählen und nicht nur verrätselte Texte produzieren.
Natürlich soll erzählt werden - aber erzählen ist nicht alles. Man soll auch nicht zu einer verkopften Literatur zurückkommen, aber man sollte im Blick behalten, dass es auch andere Formen von Literatur gibt: Die spannenden literarischen Entwicklungen finden im Moment eher in der Lyrik statt.
Interview: Martina Sulner