Achtung, das ist jetzt gleich hoch wissenschaftlich, auch wenn es, auf den ersten Blick, vielleicht nicht so aussieht. Das es anders aussieht, liegt am Gegenstand der Anfrage.
""Türkischer Junge tötet deutsches Mädchen" ist zu einfach || "Ehrenmord". Das Wort fiel reflexartig, als bekannt wurde, dass Eren T. türkischstämmig ist. Ein Pegida-Organisator schrieb auf Facebook, Maria hätte wissen müssen, auf was sie sich da einlässt. Tenor: Diese Zuwanderer sind alle gleich. "Türkischer Junge tötet deutsches Mädchen" – darauf reduzieren viele den Fall. Aber kann das wirklich eine solch brutale Tat erklären? | Matthias Lammel wird oft von Staatsanwälten und Gerichten zu Hilfe gerufen. In seinen 35 Jahren als psychiatrischer Sachverständiger in Berlin habe er so ziemlich alles gesehen. Er könne verstehen, dass sich jetzt viele Menschen eine Antwort darauf wünschen, wie es zu der Tat kommen konnte. "Das Schlagwort ,Ehrenmord' befriedigt scheinbar das Erklärungsbedürfnis", sagt Lammel. "Aber ich warne vor Klischees."" (WELT)
Klischee ist negativ konnotiert. Ab wann ist eine Aussage über soziale Zusammenhänge kein Klischee? Mit welchen Mitteln lässt sich eine Aussage prüfen, so dass sie kein Klischee und kein Stereotyp beinhaltet, sondern einen empirischen Befund?
Das Problem ist komplex, denn: Statistische Aussagen ...
- sind statistische Aussagen (Heißt: 'Diese Zuwanderer sind alle gleich' geht gar nicht. Oder: So etwas ist eine 'polemische Zuspitzung' und geht nicht auf wahr / falsch aus, sondern auf Polemik, in der Aufgeregtheit geäußert.)
- müssen zunächst interpretiert werden (Was bedeutet türkisch, deutsch, Südländer Ehrenmord, usw.)
- sagen nie etwas über den Einzelnen oder über den konkreten Fall aus.
Das Problem ist aber, dass man auf diese Weise die 'gefühlte Lage', die natürlich immer extreme Verbindungen zum Vorurteil, Schlagwort, Klischee und zum Stereotyp hat, nicht zu fassen bekommt. Bleibt also nur die Befragung, die diese gefühlte Lage aus dem Köpfen holt und in den Befund packt. Wobei die Schwierigkeit ist, dass Menschen manchmal unehrlich sind und bei Befragungen anders antworten als an der Wahlurne oder gegenüber sich selbst, wenn sie mit sich selbst allein sind.