Die Süddeutsche geizt, ganz im Gegensatz zur ZEIT, mit Zugänglichkeit zum Archiv. Selbst Abonnenten können nur eine einzige Woche zurück, um etwas nachzulesen. Aus diesem Grund sei das großartige Streiflicht vom vergangenen Dienstag ganz hier festgehalten. Damit es nicht in der Vergänglichkeit untergeht wie in einem Hochmoor.
(SZ) So grausig Kriege sind, so friedlich, harmlos und heiter kann das Weiterleben ihres Instrumentariums im sogenannten übertragenen Sinn sein. Den Schaden, den die Kanonen in der Wirklichkeit anrichten, machen sie in der Metapher wieder gut, beispielsweise bei dem fantastischen Sportler, der als Sportskanone ins Feld zieht, bei dem Gaudiburschen, den jedermann als Stimmungskanone schätzt, oder bei dem Handelsvertreter, den sie in der Zentrale als Verkaufskanone führen. Kanonen gibt es weder im Krieg noch im Berufsleben wie Sand am Meer. Selbst große Firmen verfügen über nur wenige von ihnen, und wenn diese einmal in der Woche nach einem geheimen Plan einem Raum zustreben, der üblicherweise so verschlossen ist, wie ihre Mienen es jetzt sind, raunen die anderen, die Nicht-Kanonen, einander zu: „Treffen im War Room – wenn da mal nicht wieder lauter Unfug rauskommt!“ || Militärferne Menschen halten den War Room manchmal für so etwas wie das weiland Oberkommando des Heeres, für eine Art Feldherrnhügel unter Dach. Eine präzisere Vorstellung dieses Raums liefern die Cabinet War Rooms in der King Charles Street in London, die mittlerweile Churchill War Rooms heißen und für Touristen geöffnet sind. Von 1939 bis 1945 waren sie die geheime Kommandozentrale der britischen Kriegsführung, wobei es innerhalb dieser Geheimwelt etwas noch Geheimeres gab: die in einer vormaligen Besenkammer eingerichtete Telefonzelle, von der aus direkt und vermeintlich abhörsicher in die USA telefoniert werden konnte. Oberste Sicherheit bot die Tür zu besagter Zelle. Sie war wie eine Toilettentür gestaltet; Unbefugte wurden durch den Hinweis „engaged“ (besetzt) vom Zutritt abgehalten. || Das Ewigkeitswerk „Schwerter zu Pflugscharen“ ist von seiner Vollendung weiter entfernt als je. Da mag es als kleiner Erfolg gelten, dass wenigstens die War Rooms in Friedensräume verwandelt werden konnten. Projektmanagement-Handbücher arbeiten mit dem Begriff längst ungeniert, wenn auch nicht ganz ohne Selbstironie. Sie definieren den War Room als den Ort, an dem sich die besten Kräfte des Hauses zusammenfinden, um in komfortabler Abgeschiedenheit die Zukunft zu gestalten. Vor diesem Hintergrund klingt beunruhigend, dass sich nun ausgerechnet Donald Trump mit dem Gedanken trägt, im Weißen Haus einen War Room zu etablieren. Zwar geht es nur um eine Art Krisenzentrum, mit dem die wachsenden politischen und juristischen Herausforderungen bewältigt werden sollen und mit dem man den Enthüllungen im Zusammenhang mit Kontakten seines Wahlkampflagers zu Russland aggressiver entgegentreten will. Aber wenn einer wie Trump derlei plant, heißt es wachsam sein. Vielleicht wäre es gar nicht so dumm, den Eingang zu seinem War Room wie eine Toilettentür zu gestalten und auf Dauer-„Besetzt“ zu schalten.