Ein Roman aus der Gegenwart könnte so beginnen:
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Mein Freund Armin erzählte mir gestern Abend, nachdem jeder von uns drei Gläser Rotwein getrunken hatte, ohne einen erkennbaren Zusammenhang zum vorausgehenden Gespräch, das Folgende: Er habe Aversionen gegen bestimmte Menschen, die er nur aus dem Zeitungen und aus dem Fernsehen kenne. Erstaunlich sei, dass diese Leute ganz offenbar beliebt seien. Sie hätten es ja immerhin in Filme und ins Fernsehen gebracht! Nun überlege er, ob in dieser Auswahl wohl sein eigenes Lebensproblem sich verberge. Welches Problem das denn sein könne, habe ich gefragt.
"Ich bin, solange ich mich erinnern kann, ein Außenseiter dieser Gesellschaft", sagte der Freund tonlos.
Ich musste lachen: "Du? Ein Außenseiter? Mitglied in allen ortsansässigen Vereinen und mit dem Abonnement von fünf Zeitungen! Außerdem -- heraus mit der Sprache! Wer sind die Leute, die du nicht leiden kannst, obwohl du sie nicht weiter kennst?"
"Eine lange Liste gibt es da ...", sagte mein Freund wieder ganz leise.
Ich war vermutlich zu laut, als ich geantwortet habe -- der Wein, Sie wissen schon. "Mein Gott, ein paar Beispiele. Die, die dir zuerst einfallen!"
"Eckart von Hirschhausen", sagte der Freund. "Wie von dir gewünscht -- einfach mal so herausgegriffen. Ich meine -- 'Er ist Arzt, er ist Kabarettist, er ist lustig und er ist toll', so hat ihn eine Frau mal in einer Talkshow eingeführt. Nur -- ich kann dieses schmale grinsende Gesicht des Herrn Doktor von Hirschhausen einfach nicht ab."
"Weiter? Noch ein Beispiel."
"Til Schweiger. Auch da wieder -- doch allseits beliebt. Aber ich kann den Blick auf dieses grinsende Gesicht nicht aushalten. Dazu die Stimme! Diese seltsam hohe, seltsam flache Stimme. Hinzu kommt, dass ich bei den Schweiger-Titeln das Frösteln bekomme. Ich kann nichts machen."
"Welche Titel?"
"Nun ja -- Erbsen auf halb 6, Keinohrhasen, Zweiohrküken, Kokowääh. Sowas halt."
"Bist du sicher, dass der Schweiger da immer mitgespielt hat?"
"Was? Nein, da bin ich nicht sicher. Ist doch auch egal."
"Vielleicht ein letztes Beispiel? Jemand, der nicht aus Deutschland kommt."
Es hat mich gewundert, wie schnell Armin bis dahin geantwortet hatte. Als ob er das Ganze auswendig gelernt -- zumindest gut vorbereitet hatte. Jetzt zögerte er.
"Ein Amerikaner. Ich -- ich komm nicht auf den Namen. Groß, dunkelhaarig, immer irgendwie traurig. Das mit der Melancholie im Gesicht finde ich normalerweise gut, aber bei dem... Ich komm einfach jetzt nicht auf seinen Namen."
"Tom Hanks?"
"Nein, doch der nicht! Ich meine -- zu meinen Favoriten gehört Hanks auch nicht. Aber ihn meine ich einfach nicht."
"Lebt er noch?"
"Ich denk schon. Ja. Klar doch."
"Oscar?"
"Ja, ich denk schon."
Jetzt war mein Ehrgeiz geweckt und ich habe zum Notebook gegriffen. Was ich sonst nie mache. Ich halte dieses Suchen im Internet für ein Gift für jedes Gespräch. actor male usa oscar winner Ich habe geschaut, dann die Namen auf der Wikipedia-Liste vorgelesen. Ja, und dann hatten ihn."
"Stop!" Sagte Armin. "Der!"
"Aha" , habe ich gesagt.
'69 | Nicolas Cage | Leaving Las Vegas | January 7, 1964 | March 25, 1996
"Und warum magst du Cage nicht?"
'69 | Nicolas Cage | Leaving Las Vegas | January 7, 1964 | March 25, 1996
"Und warum magst du Cage nicht?"
"Wenn ich das nur wüsste!" Armin war jetzt recht laut. "Das Gesicht, das Lachen halt. Aber wie ich schon gesagt habe -- ich bin ein Außenseiter."
*
Gestern hat mich Armin angerufen. Er habe es sich durch den Kopf gehen lassen. Nicolas Cage sei nicht länger auf Platz 1 der US-Ablehnung. Ich fragte: Sondern? Armin: Ashton Kutcher!
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