Meine alte Überlegung: Die Behauptung, dass einer* eine Sprache 'kann', ist eine schwierige, weil extrem vage Behauptung. Sie geht von
- 0 = kein einziges Wort dieser Sprache sprechen / schreiben können und die Sprache, wenn sie neben einem gesprochen wird, nicht erkennen. (Schon mal eine ziemlich komplexe Geschichte.)
- 50 = sich im Alltag schriftlich und prima ausdrücken können und keinerlei Schwierigkeiten haben. Aber die Sprache holpert, vor allem im Schriftlichen. Schulnote darum: höchstens eine 4 (bei 6 Notenstufen).
- 70 = der Bereich guter muttersprachlicher Sprecher. Schulnote: 2 - 3.
- 90 = der Bereich extrem guter, auch sprachspielerisch begabter Journalisten und sprachlich sehr wendiger Schriftsteller. Schulnote: 1.
- 100 = das Ideal, das von einem konkreten Sprecher der Einzelsprache nicht erreicht werden kann.
Und die Kritik am sprachlich Vorliegenden? Sollte man mit einem Sieb vergleichen. Je nach Maschengröße. Extrem groß: Man lässt alles durchgehen, solange man nur ungefähr weiß, was 'gemeint' ist. Extrem eng: Es bleibt jeder, auch der kleinste Verstoß gegen sprachliche Normen hängen.
Jetzt müssen Tests her! Wie einig sind sich welche Korrektoren / Beurteiler bei einem konkreten Gespräch / einem konkreten Text?
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* Achtung! Durchgängig generisches Maskulinum. Gewollt und aus stilistischen Gründen sinnvoll.