Dienstag, 29. August 2017

Verbotene Wörter und Redewendungen 1

Ich spreche hier Ex Cathedra. Einer muss sich die Rolle des deutschen Sprachpapstes, der also der Papst für die deutsche Sprache ist, ja anmaßen. Warum also nicht ich?

Folgende Wörter und Wendungen sollten ab sofort nicht mehr verwendet werden:
  • Narrativ: "Das neue Buch des Autors Michael Lewis handelt vom Leben zweier genialer Psychologen. Ihre Arbeit zeigt: Vor allem das Narrativ bestimmt, wie Menschen sich entscheiden." (sueddeutsche.de) Gut, dass Narrativ zu einem depperten Modewort verkommen ist, haben auch schon andere erkannt und geschrieben... Aber noch einmal: sprachliches No-Go!
  • in die Runde (Zusammenhang: vor allem mit Grüßen am Radio): War einmal ein ziemlich neuer Begrüßungsspruch. Heute so oft und beliebig verwendet, dass es nur noch peinlich wird, wenn zu Beginn einer Zuschaltung schon wieder  "ein Gruß in die Runde" kommt. 
  • (noch mal) richtig Gas geben: "Ich habe mir vorgenommen, die letzten drei Sendungen noch mal richtig Gas zu geben und mit einem Paukenschlag zu gehen." (Steffen Henssler) Bitte weder als Fußballspieler noch als Fußballreporter verwenden. Auch nicht als Starkoch. Mit anderen Worten: Nie!
Überhaupt der Fußballerjargon! Da wird ja vor allem Gas gegeben. Die deutschen Jungs aus der deutschen obersten Liga bekommen ja ganz offensichtlich ein Sprachtraining verpasst.  
  • Wie schon gesagt ... Könnte man Fußballern beim Sprachtraining nicht auch beibringen, dass sie nicht zu Beginn ihrer Antwort "Wie schon gesagt: ..." verwenden sollen? Selbst wenn sie etwas schon gesagt haben: Es kann sein, dass das Vorausgehende weggeschnitten wird, und dann hängt dieses Wie schon gesagt in der Luft. In der Regel ist das aber ohnehin nur eine nervöse Floskel, bei der noch gar nichts vorher gesagt worden ist.
  • Seine Leistung abrufen: Irgendwie war das ja mal ganz poetisch. Nur wird inzwischen dauernd irgendeine Leistung abgerufen, und die Wiederholung tötet jede Originalität. Nicht mehr verwenden!
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Heute wieder ein schöner Fund! Lang bekannt, aber man überblickt ja den Gebrauch der Sprache nicht, wie Ludwig Wittgenstein einst so richtig sagte! Man ist schon auf die Beispiellieferanten angewiesen.

Also, Sie haben sich eben gefetzt. Und dann gehen Sie erbost von dannen. Nicht ohne den Spruch:
  • Schöner Tag "Schönen Tag noch!" Er kann auch "Schönen Sonntag noch!" heißen. Vorher steht eine Zurechtstutzung des so Angesprochenen. -- Also jetzt mal Klartext: Nein, lassen Sie besser auch diesen Spruch! Auch der wirkt nämlich extrem floskelhaft und aufgesetzt. Von der seltsamen hochnäsigen Attitüde, an die er untrennbar gebunden ist, mal ganz abgesehen.
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"Beleidigende Wörter" gibt es im Deutschen viele. Man braucht sie wirklich nicht und sollte grudsätzlich die Zunge und die Schreibhand davon lassen. Beispiel:

  • faseln: "... als hysterische Menschen von massenhaft zu erwartenden hochqualifizierten Facharbeitern faselten."

'von ... faselten' macht hier gegenüber 'von ... sprachen' keinerlei Sinn, von der Herarbsetzung anderer mal abgesehen.

-- YOUTUBE-Sprache --
  • Du wirst nicht glauben ...: Bei Youtube gibt es eine Reihe von erkennbar jungen "Youtubern", die mit aufgeregt hoher und gänzlich ungeschulter, immer irgendwie blechern klingender Stimme Sensationen ankündigen. (Das Blecherne mag an der schlechten Akustik der privaten Studios liegen.) "Du wirst nicht glauben, was du gleich siehst!" So in der Art. Oft werden beliebige Video-Aufnahmeschnipsel liebevoll zusammengeklebt, um das Unglaubliche zu verkünden. -- Beispiel heute: Youtube: "Wer lebt in den Tiefen des Marianengrabens?" -- Ich mag ja wirklich niemandem den Spaß verderben, aber die Anzahl der Stimmchen in diesem Bereich, die Sensatiönchen verkünden, würde ich gerne etwas reduzieren. Es gibt nichts Tolleres, als eine geschulte Schauspielerstimme. Da müsste sich doch ein Tauschgeschäft machen lassen. Angebot an Schauspieler: "Ich schneide deine Videos, du sprichst mir dafür meine Texte auf!"
  • Viel Spaß! Das ist doch eigentlich ein ganz unschuldiger Wunsch. Aber wenn er bei Youtube als Massending daherkommt, dann ist's mit dem Spaß schnell vorbei! Alle wünschen, mit Klick-und-Ruhm-$$ in der Stimme, eben dies bei Youtube. Ich werde krank von dem ganzen Spaß. -- Beispiel hier: "DIESE Fakten werdet ihr nicht glauben! | BlueBringtBei #05"
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Soeben gesehen, bei den ZEIT-Kommentaren:

  • [Sarkasmus aus], <Ironie off> </Ironie> usw. "... Die Hoffnung stirbt … ach nein, das hatten wir ja schon … [Sarkasmus aus]" -- Von diesen Ironie- und Sarkasmus-Endsignalen, die meiner Beobachtung nach immer häufiger verwendet werden, sollte man die Finger lassen. Das wirkt bräsig-überheblich, unterstellt dem Leser, dass er den Sarkasmus nicht eh schon erkannt hat, und sieht auch nach "einem Trend hinterherlaufen" aus. (27.12.2017)
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  • Du bist / solltest / wirst ... "bento Mit diesem Video bist du auf deinen nächsten Kater vorbereitet" (Mehr von SPIEGEL Online) -- Achtung, das ist nicht das KAHNSCHE DU, das Oliver "Olli" Kahn eingeführt hat! (Siehe nächsten Eintrag): Das hier ist das Kumpel- oder Buddie-Du von Leuten und Websiten, die jung erscheinen und sich anbiedern wollen. --> Unterschichten-Internet 
  • Da musst du natürlich 100prozentig motiviert sein, usw. -- Wird auch gerne zu Leuten gesagt, die gesiezt werden. Es meint ja nicht den Menschen, der einem gegenübersteht, sondern eben Man muss da natürlich ...  -- Das KAHNSCHE DU, das der frühere große Torhüter kreiert hat und das heute tausendfach nachgeahmt wird. (29.01.2018)
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  • Das "Du wirst nicht glauben" jetzt auch als "Sie werden nicht glauben ...". Hier. Wow! (20.09.2018)


(Wird fortgesetzt)