Ein Grundsatzproblem jeder Argumentationstheorie, die sich verständlich machen will, besteht – nun ja, in ihrer Verständlichkeit und ihrer Unverständlichkeit. Wobei auch hier der Grundsatz jeder Didaktik gilt: Wenn jemand sagt, dass er etwas nicht verstanden hat, dann gibt es immer zwei Extrempunkte. Entweder, die Sache wurde schlecht erklärt oder der, der da fragt, ist zu dumm und kann darum die Ausführungen zu verstehen. Natürlich gibt es jede Menge Abstufungen zwischen diesen beiden Extrempositionen.
Wenn eine durchschnittliche Anzahl von Menschen, nach dem Zufallsprinzip ausgesucht, eine Darlegung über Rechnen und Mathematik hört, und es seien die Extreme der Vorträge: A) die Grundrechenarten und B) die Vermutung von Birch und Swinnerton-Dyer, dann werden sich wahrscheinlich 97 % der Zuhörer irgendwo zwischen Grundrechenarten und Dreisatz aufhalten. Warum sollte es bei der Argumentationstheorie anders sein? Das hat allerdings weniger mit einer formalen Verständlichkeit der Dinge, wie in der Mathematik, zu tun, sondern vielmehr mit der Bereitschaft, bestimmte differenzierte Konstruktionen „an sich heranzulassen“. Diese Konstruktionen können sogar in Form von Anekdoten erzählt werden, sodass man den Eindruck gewinnt, es sei extrem einfach, sie zu verstehen. Die Menschen lassen aber auch die Anekdoten nicht an sich heran, weil auf diese Weise ihre eigenen Selbstverständlichkeiten gefährdet würden.
Unter dieser Voraussetzung kann man jetzt den vor kurzem genannten Martenstein-Fall noch einmal lesen.
Frage: Wie viele Menschen sind imstande, ein Plädoyer für eine multiple Sichtweise auf eine Situation an sich heranzulassen?
Frage: Wie viele Menschen sind imstande, ein Plädoyer für eine multiple Sichtweise auf eine Situation an sich heranzulassen?