Dienstag, 10. April 2018

"Dieser Islam-Talk war eine Katastrophe"


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CHAOS-DEBATTE BEI „HART ABER FAIR“ || Dieser Islam-Talk war eine Katastrophe Die Talk-Runde bei Plasberg || Artikel von: JOSEF NYARY veröffentlicht am 10.04.2018 - 02:37 Uhr Kreuz und Halbmond, Grundgesetz und Koran: Jahrelang null Probleme, jetzt plötzlich jede Menge Zoff. In „Hart aber Fair“ fragt ARD-Gedankenforscher Frank Plasberg: „Islam ausgrenzen, Muslime integrieren – Kann das funktionieren?“ Die Gäste ► Hamed Abdel-Samad (46). Der deutsch-ägyptische Politologe gondelte mit Star-Autor Henryk M. Broder kreuz und quer durch Deutschland, schrieb dann „Integration – Ein Protokoll des Scheiterns“. ► Joachim Herrmann (61, CSU). Bayerns Innenminister macht einen interessanten Unterschied: Unsere Muslime gehören zu uns, ihr Islam aber nicht. ► Enissa Amani (32). Die deutsch-iranische Comedian wirft Bundesinnenminister Horst Seehofer vor, sein Islam-Satz grenze Millionen Muslime aus. ► Cem Özdemir (52, Grüne). Der Ex-Parteichef findet: „Es ist nicht wichtig, wo du herkommst. Wichtig ist, wohin du willst!“ ► Du‘ A Zeitun (35). Die Theologin mit syrischen Eltern ist heute das Kopftuch vom Dienst, kämpft aber als Streetworkerin gegen die Radikalisierung junger Muslime. Streetworkerin DuÔ A Zeitun, Projektleiterin an einem katholischen Bildungswerk Streetworkerin Du´ A Zeitun, Projektleiterin an einem katholischen Bildungswerk Foto: ARD Bunter Mix: Politik, Praxis, Entertainment. Das Zoff-o-Meter muss nicht lange warten, es läuft heute heiß wie nie. Plasberg lobt erst mal seinen türkischen Gemüsehändler: Mit dem könne man ganz toll über die Feinheiten der deutschen Sprache reden. Soso! Die Theologin mit dem Kopftuch ist in Aachen geboren und sagt, was sich in der Öffentlichkeit durchaus nicht jeder zu sagen traut: „Ich bin stolz darauf, deutsch zu sein!“ Das Zoff-Meter kommt in Fahrt Herrmann kann mit dem Satz, der Islam gehöre zu Deutschland, „nichts anfangen“, denn: „Grundwerte, Rechtsstaat, Humanismus, Aufklärung, zu alledem hat der Islam überhaupt keinen Beitrag geleistet!“ Bayerns Innenminister Joachim Herrmann (CSU) Bayerns Innenminister Joachim Herrmann (CSU) Foto: ARD Entertainerin Amani ist „ganz traurig“, dass sie das von einem Politiker hören müsse, dessen Partei „das C für Christentum“ im Namen trage. Wo da denn die Nächstenliebe bleibe! || Erste Attacke Dann lässt sie ein wildes Stakkato auf die Runde los: „Ich möchte nicht immer nur über unsere jüngste Vergangenheit reden, die sehr grausam war. Schon auf den Kreuzzügen haben Christen Juden abgeschlachtet…“ So geht es minutenlang weiter. Deutsch-Iranische Komikerin Enissa Amani Deutsch-Iranische Komikerin Enissa Amani Foto: ARD Politologe Abdel-Samad möchte zum Thema zurück: „Wenn drei Viertel der Deutschen die Aussage ablehnen, dass der Islam zu Deutschland gehört, was machen wir dann?“ fragt er. „Sind die dann alle rechtsradikal oder islamophob?“ Klarste Kante „Die Salafisten gehören nicht zu Deutschland“, sagt Abdel-Samad. „Die 150 islamischen Gefährder auch nicht. Und auch nicht die radikalen Moslems, die nach Syrien gehen, um dort für den IS zu kämpfen!“ Deutsch-Ägyptischer Politikwissenschaftler Hamed Abdel-Samad Deutsch-Ägyptischer Politikwissenschaftler Hamed Abdel-Samad Foto: ARD Überraschung: Seehofer habe auch richtige Dinge gesagt, gibt Özdemir zu, zum Beispiel gerade über den Salafismus. Herrmann nutzt die grüne Vorlage zu einem Treffer: „Der Islam ist im Moment nicht die Bewegung, die Freiheit, Toleranz und Offenheit propagieren würde!“ Peinlichste Szene Die Entertainerin ist schon wieder „traurig“, weil „da eine Demagogie stattfindet“, und gibt gleich noch eine Runde Fakenews aus: Friedlicher Islam, böse Christen usw. Der Politologe wird sauer: „Ich erwarte Selbstkritik!“ ruft er ihr zu. Der Talkmaster beugt lieber das Haupt. Die Entertainerin legt ihm die Hand auf den Nacken und sagt: „Liebe Grüße an Ihre Frau. Ich habe ganz katholische Absichten mit Herrn Plasberg.“ Ist das noch Talk oder kann das weg? DEBATTE ÜBER DEN ISLAM Horst Seehofer MINISTER HORST SEEHOFER „Der Islam gehört nicht zu Deutschland!“ Seit Mittwoch ist Horst Seehofer (68, CSU) Bundesinnenminister – und setzt im BILD-Interview schon ein erstes deutliches Signal. Finanzminister Olaf Scholz (59, SPD) OLAF SCHOLZ IM BILD-INTERVIEW »Seehofer ist sein Islam-Satz auf die Füße gefallen In BILD spricht der Finanzminister über Freihandel, Freistaat, Freigiebigkeit – und seinen Minister-Kollegen Horst Seehofer (68, CSU). Der schlimmste Fall Ein ARD-Einspieler zeigt den versuchten „Ehrenmord“ von Laupheim: Eine junge Frau wird von ihrem Ehemann und ihrem Bruder niedergestochen, ihre Eltern schauen zu. Die Reaktion der Entertainerin auf diese Scheußlichkeit ist eher lau: So etwas gebe es in Sizilien auch, meint sie. Dem Politologen platzt der Kragen: „Unerträglich!“ schnauzt er sie an. Plasberg zieht trotzdem weiter sein Kasperltheater durch: „Stellen Sie vor, ich würde jetzt einen blauen Helm aufsetzen“, lächelt er in die aufgeregte Runde, „dann wäre ich jetzt der Blauhelmmoderator!“ Erschütternde Studie Der Politologe zitiert aus einer Untersuchung, dass türkischstämmige Mädchen in Deutschland doppelt so oft Selbstmord begehen oder versuchen wie gleichaltrige deutsche Mädchen. Hauptgrund sei die fehlende Freiheit. „Man kann sich nicht in dieses Land integrieren, wenn man das Wertesystem des Islam eins zu eins leben will“, sagt er dazu. „Die deutsche Gesellschaft wird offener, die Migrantengruppen nicht.“ Die Entertainerin unterbricht ihn zwar nicht, sieht aber irgendwie leidend aus. Emotionalster Moment Özdemir erinnert sich an seine Integrationsprobleme als Sohn eingewanderter Türken auf der Schwäbischen Alb: „Als ich sagte, ich möchte auf das Gymnasium, hat der Lehrer gelacht, und dann die ganze Klasse“, erzählt er. Er hat es später auf dem zweiten Bildungsweg doch noch geschafft. Jetzt lacht dort niemand mehr. Thema Kopftuch Herrmann zitiert aus einer Studie: „Die Mehrheit der islamischen (!) Frauen in Deutschland sieht im Kopftuch ein Symbol für die der Nichtgleichberechtigung der Frau.“ Özdemir nimmt den Ball auf: „Wenn das Kopftuch ein Mittel zur Agitation ist, habe ich ein Probleme damit“, sagt er. Grünen-Politiker Cem Özdemir Grünen-Politiker Cem Özdemir Foto: ARD Warum tragen denn kleine Mädchen überhaupt ein Kopftuch? „Weil es angeblich ein Sexualsymbol ist“, sagt der Politiker, „und das ist nicht normal. Wer findet, dass Männer Kinder als Sexualsymbole sehen, der sollte die Männer behandeln und nicht die Kinder zwingen, ein Kopftuch zu tragen!“ Zitat des Abends „Es geht nur, wenn die, die ein Kopftuch tragen, auch für das Recht kämpfen, dass meine Tochter im Minirock herumläuft“ (Özdemir). Fazit Chaos-Debatte, verlogene Opferposen, viel penetrante Selbstbeweihräucherung („Ich darf in Hollywood spielen“). Der Politologe und die beiden Politiker waren im falschen Film, wehrten sich aber wacker gegen den populistischen Flachsinn. Der Moderator ein Totalausfall. Das war ein Talk der Kategorie „Katastrophe“.