Notiz:
Gemessen an dem, was in Claire Blooms Autobiographie steht und was man seinerzeit, nach dem Erscheinen von Blooms "Bericht" über die Ehe mit R. lesen konnte, sind diese zwei Sätze aus dem Artikel bemerkenswert trivial und nichtssagend:
Im Jahr 1990 heiratete er seine langjährige Lebensgefährtin Claire Bloom, doch die Ehe wurde bereits 1994 geschieden. Bloom verarbeitete die Beziehung zwei Jahre später in ihren Memoiren Leaving a Doll’s House.
Nur mal als Beispiel:
Sie lebten abwechselnd in New York, London und in Roths Farmhaus in Connecticut, und Claire Bloom erlebte bald Roths dunkle Seiten. "Unter seiner diamantenscharfen Beobachtungsgabe", schreibt sie, "lauerte eine tiefe und ununterdrückbare Wut", die Angst, sich zu binden, Autonomie aufzugeben, und ein "profundes Mißtrauen gegen die sexuelle Übermacht der Frauen". | Die Mischung aus "Freundlichkeit und Grausamkeit, Großzügigkeit und Selbstsucht" verwirrte sie. Tief schockierte sie, daß Roth ihr aus nichtigem Anlaß das Gesicht eines "unkontrollierbaren, bösartigen Kindes" zuwenden konnte, "das Kinn vorgereckt, den Mund verzerrt", in "blankem Haß". | Sie richtet sich, Rätsel Weib, in der Opferrolle ein. Als ihr Roth, per zugestecktem Brief, mitteilt, er könne mit ihrer Teenie-Tochter nicht unter einem Dache leben, quartiert sie das Mädchen aus. Als sie, nach 15 Jahren, um seine Hand anhält, bittet er um Bedenkzeit und demütigt sie mit einem skandalösen Ehevertrag. | Der sah vor, daß Roth sich ohne weiteres von ihr scheiden lassen konnte, ohne jede Verpflichtung gegenüber Claire Bloom. Das gemeinsame Appartement in New York fiele dann an ihn zurück, mit allem Eigentum. Bloom unterschrieb, obgleich der Rechtsanwalt die Hände rang; zwei Tage später heirateten sie. | Im Jahre 1993 erscheint Roths Israel-Roman "Operation Shylock", auf den er große Hoffnungen setzte; sie trogen. Besonders die unfreundliche Rezension eines Kollegen, John Updike, stürzte Roth in eine tiefe Depression. Er nahm Zuflucht in einer psychiatrischen Klinik; letzter Akt einer, wie Claire Bloom schreibt, "langen, komplexen, belohnenden, aber letztlich folterhaften Beziehung". | Denn bei Besuchen in der Klinik öffnet Roth alle Schleusen des Hasses gegen Claire. Zu Hause erreichen sie die Scheidungspapiere, "grausames und inhumanes Verhalten" wird ihr vorgeworfen; später fordert Roth, schon nicht mehr bizarr, als Entschädigung 62 Milliarden Dollar - für jedes Lebensjahr Claire Blooms eine Milliarde. (spiegel.de)
Ich finde, dass angesichts dieser Befunde im Artikel schon ein wenig mehr stehen müsste als diese beiden Sätze da oben. Auch über die recht eigenartige Verarbeitung von, sagen wir: intimen Beziehungsinterna in Roth' Romanen. ("Es [das Manuskript] barg postkoitale Gespräche, die ein 'Philip' mit diversen Frauen führte, und einen Auftritt von dessen Ehefrau: einer Schauspielerin, einer 'bemerkenswert uninteressanten', ältlichen Heulsuse mit dem Namen 'Claire'. | Aus dem Manuskript wurde das Roth-Buch 'Täuschung', aus der Manuskript-Claire eine Namenlose. Und aus den Jahren, die Claire Bloom mit dem bizarren Philip Roth zubrachte, wurde das Filetstück einer Autobiographie, die sich Claire Bloom vom wehen Herzen geschrieben und nach Ibsens Emanzipationsdrama "Ein Puppenheim" betitelt hat: 'Leaving a Doll's House' - Abschied vom Puppenheim.")
Irgendwie erinnert mich das doch auch an die #metoo-Debatte. (Ich werde mich da zurückhalten. Ich bin nicht gerade ein Bio- und #metoo-Spezialist.) --Delabarquera (Diskussion) 08:17, 13. Mär. 2018 (CET)
"bemerkenswert trivial und nichtssagend" ist Deine Wertung. Man könnte aber auch sagen "nüchtern und sachlich". Ich habe noch etwas zu der wachsenden Entfremdung der Ehepartner und Roths Depressionen ergänzt, wobei schon das Ausbreiten solcher klinischen Krankenverläufe lebender Personen aus meiner Sicht nicht unproblematisch ist. In den Biografien von Thomas David und Claudia Roth Pierpont wird auch keine schmutzige Wäsche gewaschen, David schreibt etwa, dass Blooms Memoiren "trotz aller Faktizität nur ein eindimensionales, verzerrtes Bild von Roth zeichnen", was ja bei der emotionalen Befangenheit auch nicht wirklich anders zu erwarten ist. Dass die Journaille skandalisierenden Klatsch gerne aufgreift, ist nicht verwunderlich, in der Wikipedia findet man ihn dann auch im Artikel Claire Bloom als Wichtigstes, was es über die Schauspielerin zu sagen gibt. Ist halt eine Frage der Interessenlage der Autoren. In diesem Artikel steht eher Roths Werk im Mittelpunkt, das übrigens durchgängig durch die eigene Biografie gespeist wird. --Magiers (Diskussion) 20:54, 13. Mär. 2018 (CET)
Erst mal ein Dank, Magiers! Das ist genau das, was ich mir gewünscht habe: dass jemand, der sich in der Sache auskennt, was dazu sagt. Ganz allgemein habe ich zwar eine andere Meinung, aber das gehört ja nun mal zum Leben, das Meinungsspektrum. -- Wichtiger Einzelaspekt: "...wobei schon das Ausbreiten solcher klinischen Krankenverläufe lebender Personen aus meiner Sicht nicht unproblematisch ist". Zweierlei dazu: 1. Die beiden Autoren haben ihre schmutzige Wäsche selbst öffentlich gemacht, und mit etwas Aufwand kann das jeder nachlesen. Warum nicht eine Zusammenfassung in der WP, wie sonst ja auch? 2. Viel genereller: Ich halte das mit der "schmutzigen Wäsche" für eine althergebrachte bürgerliche Norm des "Das kehren wir aber gefälligst unter den Teppich!" Wobei die bürgerlichen Normen ja auch in der Wissenschaft und den Enzyklopädien eine Rolle spielen. Schon klar. Nur -- wenn man aufklärerisch arbeiten will, dann erforscht man die Spannweite der conditio humana, und dass extrem reflektierte Menschen wie Roth / Bloom sich selbst und gegenseitig so darstellen, wie sie es nun mal tun, ist für mich ein sehr sachliches Beispiel in diesem Bereich der conditio humana. -- Aber nochmal: Die Spannweite der Sichtweisen und Meinungen ist schon ok. --Delabarquera (Diskussion) 12:35, 14. Mär. 2018 (CET)