Drei Meldungen kommen zusammen:
- Jens Spahn meinte, dass man mit dem geltenden Hartz IV / Sozialhilfe durchaus leben könne.*
- Der WDR-Intendant verteidigt sein Angestellten-Jahresgehalt von 399 000 Euro gegen Neid-Debatten.**
- Der VW-Chef Müller hat seine Deckelung auf 10 Mio. Euro / Jahr nicht ganz halten können; es wurden am Ende doch 10,2 Mio.**
* "Hartz IV heißt eigentlich Arbeitslosengeld II und ist Teil der staatlichen Grundsicherung. Dieses Geld ist für Menschen ohne Job gedacht, die aber eigentlich arbeiten könnten. Rentner, deren Einkommen nicht zum Leben reicht, können Grundsicherung beantragen. Das Ziel ist jeweils ein "menschenwürdiges Existenzminimum". Die Grundsicherung ist das unterste Netz des deutschen Sozialstaats. Finanziert werden die Leistungen aus Steuergeld. Wie hoch ist die Grundsicherung? Vereinfacht gesagt zahlt der Staat die lebensnotwendigen Ausgaben und die Wohnung. Im Amtsdeutsch heißt das "Regelbedarf" und "Kosten der Unterkunft". Der Regelbedarf soll Ausgaben für Ernährung, Kleidung, Körperpflege und Hausrat decken. Die Summe bemisst sich danach, ob jemand allein lebt oder mit Partner und Kindern. Ein Kriterium ist auch eigenes Einkommen, das angerechnet wird. Das Geld soll reichen, um "am sozialen und kulturellen Leben" teilzunehmen. Grundsätzlich steht es jedem Empfänger frei, wie er das Geld ausgibt." (morgenpost.de)
** Bericht: Hier in diesem Blog.
*** "Was ist das erbärmlichste Argument, das einem Spitzenmanager einfallen kann, wenn ihm sein völlig überzogenes Gehalt vorgeworfen wird? "Dafür ist der Aufsichtsrat zuständig." | VW-Chef Matthias Müller, der für 2017 insgesamt 10,2 Millionen Euro Einnahmen erhält, war sich tatsächlich nicht zu schade, genau so zu argumentieren. Formal richtig, moralisch eine Katastrophe. Während VW weiter gebeutelt ist von früherem Missmanagement und Betrug, stopft sich der Vorstand die Taschen voll, als sei nichts geschehen - darauf muss man erst einmal kommen." (Kommentar von Marc Beise: Die Gier hat einen Namen, sueddeutsche.de)
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Jetzt ist es also so: Wir streiten nicht nur um die Sozialhilfe, sondern auch um die moralische Obergrenze des Gehalts. (Das mit dem Unternehmergewinn und -risiko ist noch mal eine andere Sache. Hierzu habe ich heute so schön gelesen: Sean Quinn: Vom Milliardär zum Tellerwäscher. Von Melanie Amann. (faz.net))
Einige Gedanken, die meist nicht neu sind:
- Was man "wirklich zum Leben" braucht -- schwierig, schwierig. Alles läuft auf die alte Frage hinaus: Wie verifiziert man Behauptungen? Gibt es in solchen Fragen ein Verfahren, um einen Konsens zu justieren?
- Entsprechendes gilt für " moralische Obergrenzen".
- Mit Neid haben Kritik an extremen Gehältern in der Regel nichts zu tun; eher schon mit der Frage nach Gerechtigkeit und Verteilung. (Besonders schön am Tom-Buhrow-Gehalt zu sehen: Da zahlen ja alle, auch die Leute mit wenig Geld, ihre Rundfunkbeiträge zwangsweise.)
- Für bestimmte Menschengruppen bemisst sich der Sinn ihres Daseins am Erfolg und der Erfolg am Geld, das sie bekommen. Schwer zu ändern. Man kann diese Menschen als arme Hascherl oder als Normalos sehen, je nach eigenen Voraussetzungen.
- Die grundlegendste aller existentiellen Tröstung hat das Leben immerhin: "Da ist der allerärmste Mann / dem Andern viel zu reich, / das Schicksal setzt den Hobel an / und hobelt alle gleich."
Meine Überlegung: Es sollte ein Steuersystem geben, das asymptotisch oben wie unten ist. Über den oberen und unteren Grenzwert wird gestritten, und der Bruttgehalt-Betrag wird am Ende per Abstimmung festgelegt. Die untere Grenze, ab der man überhaupt Steuern zahlt, wird so bestimmt: Die Steuersumme muss 30% ... 50% über dem bürokratischen Aufwand für das Eintreiben dieser Steuer liegen.