Freitag, 1. Juni 2018

Osang: Drogentod im Berghain

Notizbuch:

Die taz zu einem Osang-Artikel, den ich auch gelesen habe. Ich war sehr -- nein: sehr, sehr beeindruckt.

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20.03.2018

LAURA EWERT


Ja, hier wird konsumiert

Eine „Spiegel“-Reportage mystifiziert einen Ecstasy-Todesfall. Dabei sind Drogen längst Mainstream. Nur wer das akzeptiert, kann aufklären.

Eine Tüte mit rosa Pillen, es ist Ecstasy

Es ist wieder passiert, eine Reportage aus dem Drogenmilieu verschreckt die Spiegel-Leser. Alle paar Jahre ist es so weit, da berichtet ein Journalist von „Pferdenarkosemitteln“ und „Graffitientfernern“, die sich die „Techno-Jünger“ reinziehen. Das bleibt zwar auch in der Wiederholung tendenziös und ungenau, aber es ist immer wieder aufregend.

Diesmal setzt der preisgekrönte Journalist Alexander Osang noch einen drauf, er beschuldigt in seiner ausführlichen Reportage für den aktuellen Spiegel über eine junge Frau aus den USA, die im Sommer 2017 innerhalb weniger Stunden wohl zwei Ecstasy-Pillen nahm und am Morgen in einem Berliner Krankenhaus an Multiorganversagen verstarb, die Betreiber des Berliner Clubs Berghain, nach dem Tod der Frau „einfach so weiter“ zu machen.

Er beschuldigt auch eine Mitarbeiterin der unterlassenen Hilfeleistung, weil sie die Rettung zu spät rief. Ob das stimmt, lässt sich nicht nachprüfen. Die Polizei hat sie nicht vernommen und ob das Leben der Amerikanerin gerettet worden wäre, hätte sie der Notarzt die strittigen 15 Minuten früher behandelt, fragt der Reporter niemanden.

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Über den folgenden Satz kann man wirklich lange nachdenken:

"Dabei sind Drogen längst Mainstream. Nur wer das akzeptiert, kann aufklären."

Was soll das denn nun wieder heißen? Dass Drogen Mainstream sind. Wie ermittelt man, ob diese Aussage nicht ein Wunsch, eine Phantasmagorie oder ein extrem subjektiver Eindruck ist? Was heißt denn in diesem Zusammenhang 'aufklären'? 

Ich habe Osangs Artikel, wie schon erwähnt, vorher gelesen, vor diesem taz-Artikel. Mein Eindruck war ein ganz anderer: Da erzählt einer, also Osang, einfühlsam, klar, nachdenklich: dass sich ein US-Paar -- bürgerlich, sehr gut verdienend -- zu einer Weltreise aufgemacht hat. 100 things you must have seen before you are married. Ungefähr so. Eine Sache auf der Tour: das Berghain. Und dann ein Unglück. Ja, ein wenig auch: falsche Einschätzung der Verantwortlichen vor Ort. (Vielleicht doch wegen des Mainstream? Weil so normal?)

Und, ja, ich bin für die umfassende und bedingungslose Freigabe aller, wirklich aller Drogen. Aufklärung über die Risiken. Gleich dabei auch: Nein, die Gemeinschaft in Form von Krankenkassen u. ä. übernimmt keine Kosten und keine Verantwortung. Die Drogen verscchreibt der Arzt, der auch aufklärt und für Entziehungskuren plädiert.

Es würden wegfallen ...
  1. die Anbaukriminalität
  2. die Handelskriminalität
  3. die Dealer-Kriminalität
  4. die Kosten für die Verfolgung von 1. - 3
  5. die Gefahren durch Strecken und Panschen
  6. die Kosten der Gerichtsverfahren
  7. die Kosten für Gefängnisplätze
Wenn man diese Kosten ehrlich berechnet, könnte man die Drogen ziemlich günstig anbieten. Aufklärung natürlich, härter und klarer als bei den Rauchern.

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Ich sehe gerade: Der Osang-Artikel ist frei zugänglich.


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