Sonntag, 3. Juni 2018

Die brettharten 15 Prozent der AfD

Sonntag. Zeit für einen Kommentar bei der ZEIT.

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Wer ist hier naiv?

Wieder heißt es, man müsse Alexander Gaulands Provokationen ignorieren. Besser wäre es, wir würden endlich aufhören, Themen und Sprache der AfD zu übernehmen.

Ein Kommentar von Bernd Ulrich
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Alle politischen und publizistischen Strategien gegen die AfD sind bislang gescheitert, obwohl sich in der Flüchtlingspolitik sämtliche Vorzeichen verkehrt haben. Während 2015 nicht genug darauf geachtet wurde, wer über die Grenzen nach Deutschland kommt, ist dies inzwischen ein zentrales Thema. Während noch vor drei Jahren Abschiebungen so gut wie gar nicht ernsthaft betrieben wurden, baut die Regierung nun Schritt für Schritt einen effizienten Abschiebeapparat auf.

Und die AfD liegt immer noch bretthart bei 15 Prozent.

Während seinerzeit bei kriminellen Handlungen die ethnische Herkunft mutmaßlicher Täter von den Medien bewusst meist nicht genannt wurde, avanciert heute eine brutale Straftat besonders dann zur Nachricht, wenn ein Migrant oder Flüchtling daran beteiligt gewesen sein soll. (zeit.de)


-- Der Kommentar wird wieder mal vorab geprüft. Mal schauen. --

Vielleicht können wir die Sache mit den "brettharten 15%" mal etwas auseinandernehmen. Ich wage eine Schätzung:

*  Eine AfD, die ausschließlich mit den Themen A) "Probleme / Begrenzung der Migration / Rückführung" & B) "Auswüchse an übertriebenen Regulierungen aus Brüssel" & C) "keinerlei deutsche Zahlungen für andere Länder, die schlecht wirtschaften" läge bei 20 - 25%, je nach anstehenden konkreten Themen in der Tagespresse

* Das Verharmlosen und Relativieren der Nazi-Zeit, in welcher Form auch immer, kostet die AfD demnach 5 bis 10% an Wählerstimmen. Und das auch, wenn man annimmt, dass 1-2% der Wählerstimmen echter Neonazis (das sind vielleicht 0,0003% der Gesamtwähler!) auf diese Weise zur AfD gelotst werden.

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 Noch dazu:

"Jemand oben zitiert Gauland und sagt dann: 

"Ja, wir bekennen uns zu unserer Verantwortung für die zwölf Jahre. Aber, liebe Freunde, Hitler und die Nazis sind nur ein Vogelschiss in über tausend Jahren deutscher Geschichte."

Er gesteht die Verantwortung und sagt, dass die deutsche Geschichte mehr als 12 Jahre hat."


Irgendwie tut's weh, wenn in unserer politischen Diskussionen von MdBs gewisse schlichte Dinge nicht gesehen werden:

* 'Vogelschiss' ist ein Wort, das man Mensch mit öffentlichen Auftritten vermeiden können sollte. Es ist, als Wort, einfach Zeugnis von sprachlicher Dummheit mit dem Präfix Stroh-. (Da hilft auch eine vermutete Anpassung an's eigene Klientel nicht die Bohne!)

* Soviel mehr als 1000 Jahre ist die _deutsche_ Geschichte nicht alt. Wenn man es rein quantitativ nimmt, dann sind 12 Jahre ungefähr  ein 80stel. Oder 1,2%. Das könnte man für wenig halten. ABER ...

* Als starker Multiplikationsfaktoren kommen hinzu: die relative zeitliche Nähe zur Gegenwart, die extreme und von heute aus besehen vollkommen unbegreifliche Monstrosität einer verbrecherischen Zeit und die radikale Abkehr von vorher geltenden Normen von Menschlichkeit und Zusammenleben plötzlich, 1933ff.

Das alles führt nicht zu einer "kleinen vernachnlässigbaren Stelle" im geschichtlichen Ganzen, sondern zu einer blutig-schwärenden Wunde -- na ja, sagen wir mal ruhig: am Volkskörper der Gegenwart! "

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