Montag, 20. August 2018

Angeber-Wessi

Die kannte ich bis heute nicht, diese Zeitungsüberschrift!

„Angeber-Wessi mit Bierflasche erschlagen – Ganz Bernau ist glücklich, daß er tot ist“ vom 3. Mai 1991 verlieh er Super! bereits am zweiten Erscheinungstag das Image eines Revolverblattes."


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Fußnote:

Der naheliegende Einwand, daß die Massenmedien doch nur Informationen vermitteln, daß die sich wandelnden Kriegsbilder also auf je neue Geschehnisse zurückgingen, lassen die Theoretiker dieses „radikalen Konstruktivismus“ nicht gelten: Die Massenmedien seien keine „Sender“, die Benutzer der Medien keine „Empfänger“, wie man früher glaubte. Richtig sei vielmehr, daß wir mit Hilfe der Medien täglich aufs neue Wirklichkeiten konstruieren zum Zweck der Selbstvergewisserung: damit unsere nicht zuletzt von den Medien erzeugten Erwartungen in Erfüllung gehen.

Einen eindrücklichen Beleg für diese konstruktivistische Funktionsweise liefert der Erfolg der von Burda und Murdoch (News Burda Verlag GmbH, Berlin Alexanderplatz) seit dem 2. Mai produzierten Billig-Boulevardzeitung Super! Sie simuliert als Presseerzeugnis die Wirklichkeitskonstruktion der Bildschirmmedien, indem sie nicht informieren, sondern Vorurteilsbestätigung – man müßte korrekterweise sagen: Erwartungserfüllung – betreibt. In der Super!-Redaktion texten westdeutsche Journalisten,* als Ostdeutsche getarnt, täglich neue Schlagzeilen über die Wut, die Tränen und den Haß der Ossis auf die angeblich verlogen-arroganten Wessis („Angeber-Wessi mit Bierflasche erschlagen... Ganz Bernau ist glücklich, daß er tot ist“). Der Informationswert liegt einzig in der Botschaft, die auf Stimmungen rekurriert, die sie selbst erzeugt. „Zeitungmachen ist eine Droge“, umschreibt Chefredakteur Franz-Josef Wagner das Konstruieren dieser Art von Wirklichkeit.

Auf diese Medien passen die Theoreme des radikalen Konstruktivismus, der die Existenz einer objektiven Realität bestreitet und darum den Wahrheitsanspruch der Journalisten bestenfalls für naiv hält: Nicht unumstößliche Tatsachen, sondern Stimmungen, Ansichten und Erwartungen würden von den Medien thematisiert – Thesen, die alles auf den Kopf stellen, was wir Journalisten über den Sinn und Zweck der Massenkommunikation gelernt haben. (zeit.de)

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* Wahrscheinlich gescannt und mit OCR rekonstruiert. An der originalen Stelle steht: "In der SaperZ-Redaktion exten westdeutsche Journalisten ..."

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