Nach dem heutigen SZ-Bericht über Paul Nizon auch dieses ältere Interview rausgesucht. Stark!
Zur Eintrübung Ihres Verhältnisses trug ein Fest bei, das Frisch zum 40. Geburtstag Ihres Kollegen Jürg Federspiel gab.
Von den anwesenden Damen verlangte er [Max Frisch] zu bestimmen, welche der eingeladenen Jungschriftsteller in welcher Reihenfolge sterben würden. Was er offenbar für ein amüsantes Gesellschaftsspiel hielt, war allen nur unendlich peinlich. Wir waren schließlich nicht als Testpersonen für seinen berühmten Fragebogen eingeladen.
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Von den anwesenden Damen verlangte er [Max Frisch] zu bestimmen, welche der eingeladenen Jungschriftsteller in welcher Reihenfolge sterben würden. Was er offenbar für ein amüsantes Gesellschaftsspiel hielt, war allen nur unendlich peinlich. Wir waren schließlich nicht als Testpersonen für seinen berühmten Fragebogen eingeladen.
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Die dritte große Männerfigur in Ihrem Leben war Elias Canetti.
Er war die größte Begegnung meines Lebens. Ich habe nie wieder eine Person mit einem derart reichen und breit gefächerten geistigen Universum erlebt. In seinen Büchern präsentierte er sich als Mann ohne Unterleib. Dass er im wirklichen Leben ein despotischer Don Juan war, dessen Vielweiberei Züge einer Obsession hatte, bekam ich nicht mit. Erst nach seinem Tod erfuhr ich, dass ich jahrzehntelang einem wahnsinnigen Erotomanen gegenübergesessen hatte. Er war ein Faun, der einen kleinen Harem aus jungen, schönen Adeptinnen hatte und beschlief – mit Zustimmung seiner Frau Veza, die das Ganze organisierte. Nur einmal verblüffte er mich, als er mit Emphase sagte: »Ich war gerade in Israel, und ich sage Ihnen, da gibt es riesige, blonde Weiber! Man möchte diese Stuten sofort bespringen!« Ich dachte: Was? Bespringen? Das war nun wirklich eine Ausdrucksweise, wie ich sie von ihm noch nie gehört hatte.