Mittwoch, 20. Februar 2008

Steueroasen und -paradiese

Liechtenstein beklagt sich, und der Kommentator der SZ Nicolas Richter keilt kenntnnisreich und formulierungstechnisch brillant zurück. Auszüge:
"Der Erbprinz redete sich nach langem Schweigen in eine Rage, die im zwischenstaatlichen Verhältnis ungewöhnlich ist. Deutschland solle sich lieber um sein erbärmliches Steuersystem kümmern, als den Zwergstaat zu attackieren. Ja, für ihre Straftaten seien die Deutschen selbst verantwortlich. Was er nicht sagt: Das System Liechtenstein hat diese Taten ermöglicht und daraus jahrelang Profit gezogen, weswegen der Fall Zumwinkel auch ein Fall Vaduz ist. Ermittlungsrichter aus ganz Europa beklagen es seit Jahren: Das Fürstentum verdient an dem Geld, das anderen Staaten auf kriminelle Weise abhanden kommt, indem es die Täter und deren Vermögen abschottet."
"In Liechtenstein heißt es oft, dies sei eben der Wettbewerb der Steuersysteme. Schon möglich, aber der Kleinstaat bietet ja nicht nur niedrige Steuersätze, sondern auch die Verschleierungsdienste: Er betreibt obskure Stiftungssysteme und verweigert Rechtshilfe bei Verdacht der Steuerhinterziehung. Hier also von fairem Wettbewerb zu sprechen, ist so, als wolle ein Sprinter mit einem Einbeinigen den Wettlauf üben." Natürlich greifen Politiker in den großen europäischen Staaten diese Missstände nur dann auf, wenn es ihnen gerade passt. Mächtige in Deutschland oder Frankreich haben von den Steuerparadiesen ja selbst lange genug profitiert. In nahezu allen Parteispendenaffären verschwindet Geld in jenen Ländern, deren Versteckkünste bei diesen Gelegenheiten natürlich sehr willkommen sind. Nutznießer dieser Oasen sind auch Europas Exportkonzerne, die ihr Bestechungsgeld für korrupte Regime über Banksysteme à la Liechtenstein leiten."
"Es ist skurril, dass Liechtenstein von Europa profitiert, sich aber andererseits das Recht herausnimmt, ein solch verbreitetes Delikt wie Steuerhinterziehung zu einer Art Freizeitvergnügen zu erklären."
Quelle: Süddeutsche Zeitung, Nr.43, Mittwoch, den 20. Februar 2008, Seite 4
Im Radio, Sender Bayern2, werden sinnvollerweise auch gleich die anderen Steuerparadiese vorgestellt, damit es nicht so aussieht, als sei Liechtenstein allein. So sehe ich mich genötigt, die Cayman-Inseln in der Karte zu suchen, und ich sehe, dass Wikipedia die "Steueroasen" fein säuberlich auflistet. Ist das nicht prima?! (Ich wollte einen Google Maps Ausschnitt hochladen; aber das funktioniert im Moment nicht. Nun denn -- die CI liegen Kuba vorgelagert, Richtung Honduras, nicht Richtung Miami.)
Dann kommt eine Sendung in Bayern2, aus der klar wird, dass der soeben sich verabschiedende Fidel in Kuba nicht der feine Revolutionär ist, sondern sein Volk gelegentlich auch prima und mit allen Mitteln der revolutionären Kunst unterdrücken konnte. Wieviel vernetzte Informationen auf einmal! Ich liebe es! Das Internet. (Natürlich auch die anderen Medien.)

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