Wenn etwas Schreckliches geschieht, reagieren Menschen vorhersehbar und nach Pflichten und Gewohnheiten. Journalisten müssen berichten und Fragerunden einberufen. Experten müssen ihre Kenntnisse und Meinungen ausbreiten. Viele bloggen und twittern. (Ich ja auch.)
Die Frage ist, was in welchem Maß sinnvoll ist. Oder sinnlos und in manchen Fällen unangenehm. Plappernde Expertenrunden im Fernsehen sind unangenehm.
Ein größeres Problem: die diffuse Meinung, gesteuert aus diffusen Interessen. Zum Beispiel: der Ballerspiele-Liebhaber, der der Auffassung ist, dass Ballerspiele nicht schuld sind und das ausdrücken, darstellen möchte. Mit durchaus aufwendig gestalteten kleinen Videofilmen. Etwa hier.
Rational ist aber dies: Zwar gilt, nicht alle, nein - kaum ein Ego-shooter-Spieler läuft Amok. Aber wie, wenn man feststellt, dass 95% aller jungen Amokläufer diese Spiele gespielt haben? (Wofür vieles spricht. Irgendwo sagte vor ein paar Monaten ein Mann der US-Armee im Fernsehen, solche Videospiele würden bei den Marines eingesetzt, um Tötungshemmungen, die jeder hat, wegzutrainieren. Der Mann war strikt gegen die frei verkäuflichen Spiele dieser Sorte.) Also, sollte man dann diese Spiele verbieten?
Der Videomacher oben argumentiert etwa: Nehmt uns unsere kleinen Freuden des Alltags, nämlich Ballerspiele zu spielen, und ihr werdet schon sehen was ihr davon habt ... Er trauert um Tote. Auch um die Amokläufer. Für die Täter empfindet er ein klammheimliches Verständnis. "Die Gesellschaft" hat sie gemacht.
Dem kann niemand -- so ganz und gar grundsätzlich verstanden -- widersprechen. Wir sind von den Genen und der Gesellschaft gemacht. Tertium non datur. (Die Gene werden da gerne ausgeblendet. Das einfache Denken wird da schnell zu kompliziert.) Nur eben - was folgt daraus? Wie soll sich "die Gesellschaft" verändern? Und, gesetzt den Fall, wir kennten die richtige Richtung, wie soll man es -- konkret bitte -- anstellen, damit sich die Gesellschaft in diese Richtung verändert?
Und es wäre gut, wenn die Shooter einmal den Leuten erklären würden, was für Freuden sie antreiben, wenn sie möglichst realistisch sehen möchten, wie ein Mensch getroffen wird, umfällt, wenn Blut spritzt. Könnten sie das bitte mal erklären, die Leute von der Ego-shooter-Fraktion?
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Nachtrag: Gerade gefunden.
"Neben relativ leicht zugänglichen Waffen werden oft auch Computerspiele als Grund für den Ausbruch von Gewalt genannt. Der "Kölner Stadt-Anzeiger" sieht dies nicht so: "Glücklicherweise haben Politiker bis jetzt darauf verzichtet, 'Killerspiele' zu verbieten. Nicht Spiele machen Jugendliche zu Tätern. Es sind Defizite in der Familie und in ihrem Umfeld, die sie in die Welt der Spiele und der monströsen Selbstdarstellungen im Internet flüchten lassen, wo sie den Rächer spielen können. Nicht der 'Sog des Bösen' zieht junge Menschen in eine solche Scheinwelt, sondern ein Mangel an Selbstwertgefühl und gleichzeitig eine abnorme Selbstüberschätzung."
Das ist das pure schnelle Gebrabbel. Wenn die bisherigen Nachrichten stimmen, dann war dieser Tim K. aus einer normalen Familie, guter Tischtennisspieler, sozial integriert. Und dann dieses "Defizite in der Familie und in ihrem Umfeld". Geht's noch allgemeiner? Das erinnert an die tiefsinnige Einlassung: "Wir müssen die gesellschaftlichen Verhältnisse verbessern und menschlicher machen." Wie bitte soll es gehen?! Konkret bitte!
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