Sonntag, 8. Mai 2022

Die Institution "Familie"

 Hier archiviert.

-------

"Welche Bedeutung hat die Institution der Familie für Menschen tatsächlich?"

Mehrere Möglichkeiten der argumentativen Annäherung. Am besten beginnt man bei den Extrempunkten:

  1. Welche Rolle spielt der Begriff "blutsverwandt", jetzt unabhängig von den Inzestproblemen der biologischen Art? ("Inzucht")
  2. Welche Rolle spielt die große Tradition um den Begriff "Familie"?
  3. Was wäre, wenn es keine Familie im herkömmlichen Sinn gäbe? Welche Modelle des Zusammenlebens ergäben sich dann?

Feststellen kann man wohl:

a) In traditionellen Kulturen ist die Familie _die_ zentrale Institution. Man vergleiche allein schon die Rolle der "Großfamilie", jetzt mal unabhängig von den kriminellen "Milljös" in Berlin-Neukölln. Die Großfamilie gibt es, sieht man mal von Adelsstammbüchern und wirtschaftlichen Anteilsgruppen ab, im Westen nicht mehr.

b) im "Westen" haben sich die "Familienbande" stark relativiert. Der schimmernde, von einigen als "modern" angesehene Begriff der Patchwork-Familie. Überlegung: Welcher Vertrauensverlust ist bei Kindern mit dem Verlust der gesicherten Stammfamilie verbunden?

c) Achtung, jetzt kommt mein persönliches Vorurteil: In der westlichen Kultur hat sich die "Selbstverwirklichung" der Erwachsenen an die Stelle schwer sanktionierten Pflichtverletzung gesetzt. Für mich erkennbar am Abrücken vom "Schuldprinzip" bei Scheidungen. Kinder und ihre Sehnsucht nach einem "intakten Elternhaus" müssen hintanstehen, weil sich ja die Erwachsenen ja selbst verwirklichen wollen. In traditionellen Kulturen drohen da schwere Strafen. (Gut, in den meisten traditionellen Kulturen den Frauen mehr als den Männern.)

Zurück zu 1. - 3.: Ob man der Redewendung "Blut ist dicker als Wasser" u. ä. große Bedeutung beimisst, ist eine Frage des eigenen gewordenen Bewusstseins. Für mich deutet vieles darauf hin, dass die Auflösung der Familien-Relevanz im Westen tatsächlich etwas mit dem alten Begriff der Dekadenz zu tun hat. Werte und Traditionen gehen verloren. Geschichtlich haben sich stets die nicht-dekadenten Kulturen durchgesetzt, auch wenn die "nicht modern" waren. Die Modelle des Zusammenlebens würden eine Gesellschaft der vagen Freundes- und Bekanntenbeziehungen eingehen. In vielen Teilen unserer Gesellschaft sind wir heute da schon angekommen. Ich sehe nicht, dass sich daraus wirklich Vorteile ergeben.

Polemischer, dafür klarer Schlussgedanke: Die Familie ist zentral wichtig, weil sie die menschliche Endlichkeit erträglich macht. Die Aufgabe der Familie in Richtung Patchwork und Selbstverwirklichung bedeutet: Am Ende des ihres Lebens stehen da viele vereinzelte selbstverwirklichte körperliche Wracks, die in keinem Familienverbund mehr aufgehoben sind und im Altersheim unverbunden nebeneinander hersterben.

P. S. Dass es in Familien wahnsinnige Streitigkeiten usw. bis hin zum Mord geben _kann_, muss ich nicht gesondert betonen. Es muss aber nicht so sein.

Keine Kommentare:

Kommentar veröffentlichen