Dienstag, 27. Februar 2007

Erörterung

Zu später Stunde bereite sich noch einen Text zum Schulthema "Erörterung" vor. Ich lese Deutschlehrer-Seiten, die mir wahrhaftig wehtun. Warum? Weil jede Zeile das unstillbare Bedürfnis atmet, vor den anderen als Wissender zu bestehen. Erkenntnissuche nicht als Bedürfnis, sondern als Akt des sozialen Gut-Dastehens. Aus beinahe jeder Zeile quillt der Odem des durch Rolle und Institution erzwungen Besserwissens. Statt: Ich weiß es nicht, gerade darum denke ich nach! das lautstarke: So ist es! Der Lehrer spricht, ohne den Satz laut auszusprechen: "Ich will zeigen, was ich alles drauf habe!" Da werden herzzerreißend feine Differenzierungen gegeben, die einen sofort in einen unangenehmen Schwindel versetzen. Die Formulierungen kommen überaus schief und übermotiviert daher. Aus allen Poren quillt die Angst des Pädagogen vor dem Versagen. Vor dem intellektuellen und dem menschlichen Versagen.

Ich möchte am Ende des Tages einen Litaneienvers schreiben, der so beginnt: "O Schule, du Ort der traditionellen Versagensangst! ..." Und irgendwie, durch einen göttlich einfachen müsste dann klar werden, dass die Lehrer und die Schüler Angst haben. Vielleicht machen die Lehrer den Schülern Angst, um von ihrer eigenen Angst abzulenken?

Und dann die erste Bitte: "Lass uns ehrlich und einfach sein. Lass uns so werden, dass wir den Schülern nicht mit dem bombastischen Kleister unserer intellektuellen Selbstzweifel den geistigen Atem nehmen!"

Und am Ende muss ein Heiliger gefunden werden, dem wir sagen können: "Wir bitten dich, erhöre uns!" Welcher Heilige könnte das sein? Vielleicht der heilige Sokrates?

Nein, ich nenne diesmal keine Quellen und Stellen.

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