Mittwoch, 3. September 2008

Weil alles erneut sich begibt

Endlich im Netz gefunden. Lange gesucht. Lange her, dass ich das Gedicht in der Schule mal auswendig gelernt habe. In einer Zeit, als in den Lesebüchern noch Bergengruens Gedichte standen.
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Werner Bergengruen

Weil alles erneut sich begibt

Aus dem Dunkel, das lind dich umschließt,
aus dem Naß, das dich nährend umfließt,
mach dich auf, tritt hinaus aus dem Schoß.
Dann das Licht ist so süß und so groß.

Wenn die Wölbung des Schlafes zerbricht,
tritt hinaus in das östliche Licht,
in den Tau, der die Sohlen dir kühlt,
in die Luft, die so blau dicht umspült.

Und du fühlst, wie der Atem beglückt.
Die Wiese ist rötlich geschmückt.
Und ein silberner Mittag beglänzt
den Hang, der mit Reife sich kränzt.

Doch bevor noch ein Strahl dich versengt,
hat kühl sich der Schatten verlängt,
und grünlich verfärbt sich der West,
da der Tag seine Gäste entlässt.

Was dich schreckte und scheuchte, vergiss.
Denn die Erde ist treu und gewiß.
Und du weißt dich vom Dunkel geliebt,
weil alles erneut sich begibt.

Und so trittst du vertrauend hinein
in die Nacht, in den Tod, in den Stein.
In den Sand, in den Schiefer, den Ton,
in den Wein, in das Öl, in den Mohn.

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