Samstag, 10. Oktober 2009

Rechtschreibung zum wiederholten Male

Alle Beiträge zur Rechtschreibreform in diesem Blog. ]

[ Empfohlen: Deutschlehrer, von Sebastian Krämer, bei Youtube. -- Zitat: "Deutschlehrer, ihr hättet die neue Rechtschreibung verhindern können! Wer, wenn nicht ihr!" Mit vielen schönen Beispielen! ]

Rechtschreibung: sich in jdn hinein versetzen? Immer wieder diese Beispiele, die einem beim Schreiben auffallen und beim Schreiben stören. Um in der Sprache der Jugend zu reden: Welche Dödel haben sich dieses bescheuerte Stammprinzip einfallen lassen, das auf Schritt und Tritt mit den Aussprachegepflogenheiten kollidiert?

Ein kleiner Fund aus der Welt der Sprachpflege bei der Gelegenheit. Das Beispiel zeigt, wer da zu Werke ging: Bürokraten, die so ausgetrocknet waren, dass das Streichholz eines gelungenen Witzes sie allesamt zum Verschwinden gebracht hätte. Warum hat denn seinerzeit keiner einen guten Rechtschreib-Witz erzählt?! Ich meine -- so einen richtig guten!

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"Zum ursprünglich vorgesehenen Thema "Fasse Dich kurz" verliest Herr Raab Kurztexte von Erich Kästner, Carl Arnold Kortum und Wilhelm Busch. Die Anwesenden sind allerdings wegen aktueller Ereignisse geneigt, dieses Thema noch einstweilen zu verschieben und sich der Rechtschreibreform zuzuwenden. Ausgangspunkt ist der Entschluß mehrerer Zeitungs- und Zeitschriftenverlage, zur alten Schreibung zurückzukehren.

Herr Paulwitz referiert über die Vorgänge: Daß am 19. August bekannt wurde, was der Springer-Verlag, der Verlag des SPIEGEL und vielleicht auch der Verlag der Süddeutschen Zeitung vorhaben, geht auf eine gezielte Aufdeckung von Absprachen zurück, welche der "Stern" gebracht hatte. (Diese Zeitschrift setzt sich für die Neuschreibung ein.) Erst zierte die SZ sich, und Matthias Döpfner (Springer) wollte endlich handeln. Deswegen sprangen SPIEGEL (etwas schneller) und Süddeutsche (erst nach der Verkündung) noch auf.

Die eigentlichen Gesprächspartner waren nur ein kleiner Personenkreis, vier Personen. Der SPIEGEL wollte nicht gänzlich zur alten Schreibung zurück, aber die Vertreterin des Springer-Verlags setzte sich mit dem Argument durch, daß Kompromisse zu weiterem Herumbasteln und weiteren Kosten führten. Die SZ schloß sich dem nicht gänzlich an und wird wahrscheinlich eine Hausschreibung entwickeln.

Ein Vorbereitungstreffen für die Gründung eines deutschen Sprachrates war für 23. August nach Wien anberaumt worden. Herr Paulwitz hat sich bemüht, Bedingungen für eine Mitgliedschaft zu erfahren. Dr. Krimm vom Bayerischen Kultusministerium hat geraten, man solle sich unmittelbar an die Kultusministerkonferenz wenden; d.h. das Ministerium selbst hat wenig Einfluß. Man hätte überhaupt nur Chancen, wenn man eine Verbesserung der Reform wünschte. Von diesen Stellen aus erscheint die Rückkehr zur alten Schreibung unmöglich.

Dieser Einschätzung schließt sich Herr Dr. Jäger an: Noch nie habe eine staatliche Behörde ein Gesetz oder eine Vorschrift völlig zurückgenommen. Nur Nachbesserungen sind möglich.

Prof. Eisenberg von der Deutschen Akademie für Sprache und Dichtung hat einen Kompromißvorschlag erarbeitet; dieser besteht allerdings nicht in einem Regelwerk, sondern lediglich in einer Wörterliste. Dabei fällt auf, daß er die neue Doppel-s-Regelung beibehält, jedoch ohne Zusammentreffen von drei "s"."

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Wer die akademische Szene von der Innenseite her kennt, muss sich fragen: Wie fühlen sich Menschen, wenn sie nach so langen, harten Kämpfen, nach Dissertation und Habilitation, endlich tatsäch- lich Professor geworden sind? Wahrscheinlich fühlen sie sich einfach: leer. Das Leben ist zu Ende. Was soll jetzt schon noch kommen? Und mitten in dieser Leere kamen einige dieser Menschen auf die Idee, noch einmal loszulegen und -- sich mit einer Rechtschreibreform wichtig zu machen.

Yes Sir! So war das!

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Nachtrag: Als Geisteswissenschaftler, ...

-- auch Frauen dabei? Ohne weitere Differenzierung ist das Verhältnis Männer : Frauen? 35 : 3. Vgl. unten.

Gut. Wo waren wir stehengeblieben. Ja. Als Geisteswissenschaftler (35) und Geisteswissenschaftlerinnen (4), die keiner außerhalb der eigenen, gesellschaftlich weitgehend unbeachteten Peer Group kennt, endlich einmal das Gefühl zu haben, sich wichtig machen zu können, in das Leben praktisch aller Menschen einmal eingreifen zu können, indem man deren alte, mühsam durch die Schulen oktroyierte Schreibgewohnheiten durcheinanderwirbelt und dabei noch, wie in einem Echo der großen Jahreszahl 1968, auf das große Positive verweisen kann -- Vereinfachung! dadurch Annäherung an dien Chancengerechtigkeit für die Bildungsrandständigen! --, das Gefühl also, als Geisteswissenschaftler*in, als Sprachwissenschaftler*in gar, endlich einmal etwas gesamtgesellschaftlich bewegt zu haben, das war ein starkes Movens der Rechtschreibreformbewegung im Rechtschreibreformhaus.

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Nachtrag, aus der Wikipedia, etwas umformatiert:

Die Kommission für Rechtschreibfragen des IDS hatte folgende Mitglieder:
  1. Gerhard Augst (seit 1979, ab 1990 Vorsitzender)
  2. Günther Drosdowski (seit 1977)
  3. Johannes Erben (1977–1979)
  4. Hans Glinz (seit 1977, 1980–1990 Vorsitzender)
  5. Paul Grebe (1977–1981)
  6. Gisela Harras (seit 1986)
  7. Klaus Heller (seit 1993)
  8. Johann Knobloch (seit 1977)
  9. Wolfgang Mentrup (seit 1977, schied aus der Kommission aus, weil er bei den vielen Abstrichen nicht mehr „mitmachen“ wollte)
  10. Hans Moser (1982–1989)
  11. Hugo Moser (1977–1982)
  12. Horst Haider Munske (seit 1987)
  13. Isolde Nortmeyer (1977–1982)
  14. Otto Nüssler (1977–1988)
  15. Heinz Rupp (1977–1980, während dieser Zeit auch Vorsitzender)
  16. Burkhard Schaeder (seit 1980)
  17. Horst Sitta (seit 1983)
  18. Hugo Steger (1977–1981)
  19. Bernhard Weisgerber (seit 1977; schied später aus Missmut über die vielen Abstriche am Reformpaket aus)
  20. Hermann Zabel (seit 1979)
Mitglieder

Der Kommission gehörten sechs Mitglieder aus Deutschland und je drei aus Österreich und der Schweiz an, die durch den jeweiligen Staat bestellt wurden. Fünf der deutschen Mitglieder konnten vom Institut für deutsche Sprache vorgeschlagen werden, eines von der Gesellschaft für deutsche Sprache.

Ursprüngliche Mitglieder
  1. Gerhard Augst, Deutschland
  2. Karl Blüml, Österreich
  3. Peter Eisenberg, Deutschland (19. März 1998 ausgetreten)
  4. Peter Gallmann, Schweiz
  5. Werner Hauck, Schweiz
  6. Klaus Heller, Deutschland
  7. Rudolf Hoberg, Deutschland
  8. Horst Haider Munske, Deutschland (18. September 1997 ausgetreten)
  9. Dieter Nerius, Deutschland
  10. Richard Schrodt, Österreich
  11. Horst Sitta, Schweiz
  12. Viktor Spechtler, Österreich (ausgeschieden)

Nachgerückte Mitglieder


  1. Mechthild Dehn, Deutschland (seit Juni 1998)
  2. Dieter Herberg, Deutschland (seit Juni 1998)
  3. Ulrike Steiner, Österreich