Montag, 20. Dezember 2010

Wikileaks

Wikileaks zwingt uns, unser Staatsverständnis zu überdenken und zu präzisieren. Was gibt dem modernen demokratischen Staat das Recht, gewisse Dinge vor seinen Bürgern als "geheim" und "streng geheim" einzustufen? In welchem Verhältnis steht der Bürger zu seinem Staat und der Staat zu seinem Bürger? 
Wer sehr schnell sagt: "Ist doch klar!" der zeigt schon mal, dass er nicht nachgedacht hat und wahrscheinlich auch nicht nachdenken will. Es gibt sicherlich Gründe, Dinge geheim zu halten, aber diese Gründe müssen genannt und ggf. in Frage gestellt werden. Wenn und solange Staaten als Kriegsparteien auftreten und Geheimdienste unterhalten, wird es natürlich und über eine gewisse Zeit hin Geheimnisse geben müssen. Zum Schutz der Soldaten, der Informanten, usw. Aber darüber hinaus? Wenn die Sache vom mündigen Bürger nicht nur eine Floskel ist, dann kann doch der amerikanische Botschafter unverschlüsselt sagen, was er von Angela Merkel denkt und hält. Es entfällt halt einfach diese Unter-uns-gesagt-Attitüde, die natürlich zutiefst menschlich ist. (Was sagen wir alle nicht alles hinter dem Rücken über Kollegen, was wir ihnen nie ins Gesicht sagen würden!) 
Es gibt also zwei Staatswege in die Wikileaks-Zukunft: a) Wir verschlüsseln ab jetzt besser und kontrollieren die Zugänge sorgfältiger. b) Wir, die Diplomaten, lassen das mit dem Menscheln und befleißigen uns einer korrekten Ausdrucksweise. Merke: Sage und schreibe nichts, von dem du nicht möchtest, dass es morgen in der Zeitung oder eben: in Wikileaks steht. -- Auf Dauer geht nur b).

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