Dienstag, 15. April 2008

Roman Herzog, der Mindestlohn und die Dummheit

Eigentlich schätze ich Roman Herzog, und als seinerzeit seine Ruck-Antrittsrede allenthalben kritisiert wurde, habe ich unter Bekannten für ihn gesprochen. Aber manches ist halt auch nicht zu verstehen. Wie etwa das, was er da der BILD-Zeitung sagt:
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BILD: Aber selbst der nachweislich Jobs vernichtende Mindestlohn bekommt bis tief ins bürgerliche Lager Umfragemehrheiten von bis zu 70 Prozent.

Herzog: Es gibt auch ein Grundrecht auf Dummheit.
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Da gibt es drei ganz unterschiedliche Kritikansätze.
  • Wer so redet, sagt, dass der Andersdenkende und Andersargumentierende dumm ist. Das ist zumindest grob unhöflich.
  • Dies besagt implizit -- was übrigens bei vielen deutschen Argumenten der Fall ist (wie etwa denen gegen die Geschwindigkeitsbegrenzung auf deutschen Autobahnen): Die anderen, die das haben oder eingeführt haben, sind dumm. Die Franzosen zum Beispiel, die ihren SMIG, den salaire minimum interprofessionnel garanti, seit 1950 haben und es sich kaum anders mehr denken können. Nicht nur bei den Gewerkschaften ist entsprechendes Argumentieren nachzu- lesen.
  • Das wirtschaftliche Argument. Ich kann der Rede gegen den Mindestlohn nichts anderes entnehmen als: Die Wirtschaft ist wie die Natur. "Es hat keinen Sinn, gegen die Naturgesetze vorgehen zu wollen." Nur eben -- Wirtschaftsgesetze sind keine Naturgesetze, sie sind von menschlichen Grundan- nahmen bestimmt, die verändert werden können! Einst war die Annahme, es müsse naturrechtlich Sklaven geben, auch eine akzeptierte Grundannahme. Abgekürzt gesprochen: Wenn ein Arbeiter für 4 Euro 50 die Stunde arbeitet, dann gibt es zwei Argumentationslinien. a) Seine Arbeit ist halt nicht mehr wert, und er soll gefälligst schauen, wo er bleibt und wovon er lebt. b) Die anderen = die Steuerzahler sollen ihm was zuzahlen und damit indirekt den Arbeitgeber, der so wenig zahlt, alimentieren. Das erste ist zynisch und das zweite dumm-sozialistisch.

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