Samstag, 10. November 2012

Hilmar Klute und das Burnout

Hilmar Klute hat, wie es in der Anzeige* heißt, einen 'blitzgescheiten Essay' geschrieben. Der heißt "Wir Ausgebrannten". Es ist dies, so die Anzeige für das Buch, eine "Polemik gegen die Burnout-Epedemie". Erschienen bei Diederichs ist diese "längst fällige Abrechnung". So weit so gut.

Erst einmal bin ich dankbar, dass da jemand polemisiert. Denn Burnout, da kann man sich sicher sein, ist eine Modekrankheit. Nicht bezweifelt werden soll, dass es Depressionen gibt, die durch eine multiple Überlastung entstanden sind: Arbeit, Scheidung, Streit über das Sorgerecht, pubertierend-bescheuerte Kinder ohne Maß und Ziel dazu, die klauen und motzen und einem das Leben zur Hölle machen. Solche Kombinationen halt. Solche Depressionen können am Ende lebensbedrohend sein und körperliche Probleme schwerster Art nach sich ziehen.

Nur eben: Vor diesem Gebiet der klaren Fälle gibt es ein weites freies Feld, auf dem jetzt leichter bis mäßiger Stress, Überarbeitung, schlechte Laune zu Burnout werden. Es ist, wie es das immer schon mal gegeben hat: Die Medizin und die Psychologie -- diese Fächerkombination ist für solcherlei immer gut --  kreieren ein Krankheitsbild, und die Menschen passen sich dem an und stellen sich rasch und gerne in das Bild. Solche Modekrankheiten verschwinden irgendwann auch wieder. Die Hysterie in der Zeit um 1900 ist ein schönes Beispiel.

So ungefähr hätte ich das gesagt. Und dann hätte ich, mit Material und Zitaten, vielleicht 20, wenn es hoch kommt 30 Seite geschrieben. Einen Essay in dieser Länge halt. Allerdings -- ich bin kein Fachmann.

Hilmar Klute hat ein ganzes Buch geschrieben, über diese doch recht schlichten Thesen. (Wobei ich zugebe: Er hat vielleicht vollkommen neue Aspekte gefunden, die ich nicht mal erahnen kann. Ich habe das Buch noch nicht gelesen.) Ein schmales Buch, 144 Seiten, 17 Euro. Aber ein Buch. Und jetzt frage ich: Was hat er, was ich nicht habe. Ich muss das Buch doch mal anschauen.

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|* SZ, 10.11.2012, S. 13 unten.