Donnerstag, 28. Dezember 2017

""Why smart people ..."

Notizbuch:

"Große Wissenschafter mögen Denkmäler ihrer Disziplinen von Thron stoßen und anerkanntes Wissen aushebeln, doch sie bewegen sich dabei innerhalb eines genormten Korsetts, verwenden geeichte Werkzeuge ihrer Fächer, sprechen und zanken mit Kollegen und auch Kritikern in derselben Sprache, betten neue, gängigen Erkenntnissen zuwiderlaufende Ideen immer in einen Konsensrahmen ein. Nie stellen sie sich einfach hin und postulieren wie aus dem Nichts die Existenz von rosa Aliens. Das ist der Unterschied zwischen streit-und fehlbarer Wissenschaft und blankem Nonsens.

Warum aber weichen manche von ihnen von diesem Weg ab? Geht es um Publicity? Bestimmt ist es attraktiv, das Medizinlabor einmal gegen das Studio einer TV-Talkshow zu tauschen, und in Letzteres wird man gewiss eher eingeladen, wenn man über Schutzengelphysik statt über Moleküle doziert. Oder wollen manche Wissenschafter etwas Großes, Bleibendes hinterlassen, über die nüchternen Grenzen ihres Fachs mit einem allumfassenden Gedankengebäude hinauswachsen und verlieren dabei die Bodenhaftung? Dafür spricht, dass es sich häufig um ältere Männer handelt, die irgendwann abdriften. Ein beinahe legendäres Beispiel dafür ist der Chemienobelpreisträger Linus Pauling, der sich in späten Jahren in die Vorstellung verrannte, Unmengen von Vitamin C würden gegen Krebs helfen.

Vielleicht tritt bisweilen aber auch eine Sonderform des Dunning-Kruger-Effekts ein. Dieser bezeichnet grundsätzlich den Umstand, dass dumme Menschen im Regelfall ihre Fähigkeiten als besonders hoch einschätzen, während kluge Geister eher zu Bescheidenheit in Bezug auf ihre Leistungen neigen. Womöglich sind manche Wissenschafter für einen Spezialfall dieses Effekts anfällig, quasi auf hohem Niveau: Weil sie auf ihren angestammten Gebieten mit viel Hirnschmalz Herausragendes vollbracht haben, sind sie so überzeugt von sich, dass sie mit beeindruckender Selbstsicherheit irgendwann auch groben Unfug absondern -kraft ihrer Reputation aber kaum mehr mit einem Korrektiv konfrontiert sind.

Die Yale University gab 2003 einen Sammelband zum Thema heraus - Titel: "Why smart people can be so stupid"." (profil.at)