Freitag, 12. Juni 2009

Nordkoreanische Lager

In der Süddeutschen ein Bericht über die Lager für politische Gefangene in Nordkorea.* Das Schrecklichste, was ich in letzter Zeit gelesen habe. Ausschnitte:

In allen Einheiten gibt es Glaskästen, in denen die Wärter sitzen und die Gefangenen bei der Arbeit beaufsichtigen. Die Regel lautet, dass eine Gefangene zum Aufseher laufen und sich mit gesenktem Kopf vor ihm auf die Knie fallen muss, sobald sie aufgerufen wird. Natürlich darf sie nichts sagen, sondern nur Fragen beantworten. Wer nicht schnell genug antwortet oder sich bewegt, dem wird ins Gesicht oder vor die Brust getreten. Wer den Kopf hebt oder die Glieder streckt, wird schwer bestraft.

Es gilt als Glückstag, wenn einem aus dem Toilettenloch eine Ratte entgegen gekrochen kommt. Dann fangen sie die Gefängnisinsassen mit bloßen Händen und verschlingen sie roh, denn Ratten sind im Gefängnis die einzige Fleischquelle. / Es heißt, der wundervolle Geschmack einer rohen Ratte sei unvergesslich. Wenn man aber beim Essen einer Ratte erwischt wird, gibt es eine besonders lange Strafe. Die Gefangenen müssen also sehr vorsichtig sein, wenn sie eine Ratte fangen und aufessen.

Eines Tages, es war Anfang März 1987, wurde ich in eine Folterkammer geführt, die ich noch nie zuvor gesehen hatte. Ich sah einen großen Wasserkessel auf einem kleinen Tisch und einen niedrigen Holztisch mit Fesseln, etwa zwanzig Zentimeter hoch. Völlig überraschend brachte mich einer der beiden Vollzugsbeamten mit dem ausgestreckten Bein zu Fall. Sie banden mich auf dem Tisch fest und zwängten mir die Tülle des Wasserkessels in den Mund. Sie war so geformt, dass sie meinen Mund weit aufsperrte und ich nichts dagegen tun konnte, dass das Wasser in mich hinein lief. Dem Ersticken nahe, musste ich durch die Nase atmen. Mein Mund war voller Wasser, das mir in die Nase stieg. Als ich durch den Schmerz und die Atemnot das Bewusstsein zu verlieren begann, konnte ich nichts mehr sehen, aber ich hatte ein Gefühl, als würde ich in der Luft schweben. / Ich hatte schon alle möglichen Folterungen durchgemacht, Peitschenhiebe, Schläge mit Gummiriemen oder harten Stöcken. Mir waren auch schon Holzstöcke zwischen alle zehn Finger gesteckt und dann die Hände zusammenquetscht worden, aber das hier war schlimmer als alles andere.

Als ich 1989 wie durch ein Wunder den Paratyphus überlebte, wurde ich zum Berichterstatten auf die Krankenstation gerufen. Als ich dort ankam, bemerkte ich sechs Frauen kurz vor der Niederkunft. Man befahl mir zu warten, bis mein Aufseher kam und mich übernahm. Während ich dort war, brachten drei Frauen ohne irgendeine Decke ihre Babys auf dem Zementboden zur Welt. Es war schrecklich, dabei zuzusehen, wie der Gefängnisarzt die Frauen mit seinen Stiefeln trat. Als ein Baby geboren war, rief der Arzt: "Bringt es um. Schnell. Eine Kriminelle in einem Gefängnis kann ja wohl nicht erwarten, dass sie ein Baby haben darf! Bringt es um." Die Frauen schlugen die Hände vors Gesicht und weinten. Obwohl die Geburten mit Injektionen zwangseingeleitet worden waren, lebten die Kinder bei der Geburt noch. Die Krankenschwestern, ebenfalls Gefangene, drückten ihnen mit zitternden Händen den Hals zu, um sie zu töten. Wenn sie tot waren, wurden die Babys in ein schmutziges Tuch gewickelt, in einen Eimer gesteckt und durch eine Hintertür hinaus getragen. Ich war so schockiert, dass ich bis heute in meinen Alpträumen die Mütter um ihre Kinder weinen sehe. Ich habe während meiner Zeit im Gefängnis zweimal gesehen, wie Babys getötet wurden. / Als ich ein paar Tage später wieder in die Krankenstation kam, traf ich Shin Ok Kim und Mi Ok Cho, die beiden Krankenschwestern, die dort arbeiteten, und eine sagte schluchzend zu mir: "Buchhalterin, wir sind schlimmere Teufel als Tiere. Sie sagen, die toten Babys werden benutzt, um neue Medikamente zum Experimentieren herzustellen." Ich bekam solche Angst, dass ich ihr den Mund zuhielt und sagte: "Ich habe nie gehört, was du gesagt hast." Ich beeilte mich, von ihnen fort zu kommen.


Die Frage: Hat die Staatengemeinschaft nicht die Pflicht, Staaten wie Nordkorea, Staaten, die sich in einer Art kollektiver politischer Paranoia verfangen haben, mit allen Mitteln, auch mit militärischen, dazu zu bringen, dass solche extreme Zustände ein Ende haben?

Was wäre aus Europa geworden, wenn es Berichte aus den ersten Konzentrationslagern in Deutschland gegeben hätte -- technisch hätte geben können, und die Welt wäre 1935 militärisch eingeschritten.

"... dass Macht an sich böse sei". Siehe unten.

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* Der nordkoreanische Gulag. "Mangelndes Vertrauen in die Mutterpartei": Die Überlebende Soon Ok Lee über ihren Alltag als Gefangene im Straflager von Kaechon. Süddeutsche Zeitung. Nr. 132, Freitag, den 12. Juni 2009, Seite 13.

Eine Internet-Adresse, unter der man den ganzen Bericht in englischer Sprache nachlesen wird von der SZ mitgeliefert.

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Nachtrag: Die deutsche Web-Seite Nordkoreas, sie beginnt mit einem englischen Eintrag. Wenn ich das da oben nicht gelesen hätte, würde ich lächeln.

President Kim Il Sung / Our leader is indeed the greatest leader of the working class. He personified unusual intelligence, outstanding leadership and lofty communist virtues, which nobody has ever possessed, and opened up and shone modern history with his profound revolutionary theories and great revolutionary practice. He is a benevolent father of the people, who brilliantly covered the whole distance of the prolonged revolutionary struggle with boundless devotion to the revolutionary cause and with warm love for the people.

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Was mich seit Jahr und Tag interessiert: Wie kommt es, dass Wissenschaftler, die doch was können und in einem gewissen Umfang von ihrer Natur her der Rationalität besitzen, für Diktatoren Waffen entwerfen und bauen? Warum weigern sie sich nicht? Nicht emphatisch, sondern indem sie sich bei solchen Aufträgen als Nichtskönner ausgeben und dann lieber, sagen wir, bessere Windkraftanlagen bauen? Gleichzeitig kann man fragen: Warum finden sich Lohnschreiber und Lohnübersetzer und Web-Fachleute, die solchen Quatsch in die Welt setzen. Kim Il Sung selbst könnte jedenfalls keine Website bauen und nichts ins Englische übersetzen.

Vorläufiges Ergebnis zu diesen Fragen: Menschen wollen Karriere machen, und Politiker ermöglichen dies im Rahmen ihrer jeweiligen System. Die böse Macht, die Macht des Bösen...

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Wie heißt es an anderer Stelle auf dieser Seite? "Knallfrösche einer großen aufblühenden Macht"

Hier kann man die Knallfrösche sehen. Allerdings ist die Verbindung so langsam, dass das Video-Feuerwerk nach den ersten Bilder einfriert. Dann drückt man auf dei Weiter-Knopf und es läuft. Feuerwerkbilder mit westlicher Bar-Musik unterlegt.

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