Donnerstag, 18. Juni 2009

Datenschutz und Badezimmer

Ich habe immer wieder mal* -- für viele ist die These eine Provokation -- die Ansicht vertreten, dass jemand, der nichts zu verbergen habe, doch auch keinen großartigen Datenschutz brauche. Wer um 13:58 über den Münchener Marienplatz geht oder um diese Zeit vor einem bestimmten Haus steht -- was soll daran schutzwürdig und privat sein? Und gleich noch eins oben drauf: Es gebe in unserer Gesellschaft überhaupt nur zwei Arten des Fehlverhaltens, die als nicht-kriminell und als im Hinblick auf den Datenschutz problematisch eingestuft werden könnten: Steuerhinterziehung in maßvoller Form und Fremdgehen.
Auf der anderen Seite: Der Datenschutz wird von allerlei Kriminellen verwendet. Kinderpornographen, Terroristen, der Mafia. Jedes Programm zum anonymen Surfen, das in einer PC-Zeitschrift angeboten wird -- schon überlege ich: Nimmt das die Terrorvereinigung Leuchtendes Kleinhirn i. G. um sich umgestört im Internet bewegen zu können? Wird der Knopf, der verhindert, dass die eigene Telefonnummer dem Gesprächspartner am anderen Ende der Leitung angezeigt wird, für einen erpresserischen Anruf oder für das Stalking verwendet?

Ich habe lange gebraucht, bis ich verstanden habe: Für viele Leute ist der Datenschutz so etwas wie der Schutz vor dem Blick in ihr Badezimmer. Sie haben ein bestimmtes Gefühl für Scham und Diskretion. Es ist eigenlich nicht schlimm, wenn einem wer beim Baden zusieht, wenn man nackt ist. Aber möchte man das?! Seit ich das überlegt habe, verstehe ich die Empfindlichen besser. Aber die, die auf Datenschutz gesteigerten Wert legen, sollten dann auch überlegen, dass es die Perverslinge und die organisierte Kriminalität gibt. Nach Sicherheit zu rufen und für den extremen Schutz vor dem Bundeskriminalamt zu sein heißt wieder mal: Wasch mir den Pelz, aber mach mich nicht nass!
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* Man braucht nur das Label Datenschutz, gleich da unten, anzuklicken. Dann steht da alles.

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