Dienstag, 20. Juli 2010

Eine Spielart der Tapferkeit

Eine der schnellen Erkenntnisse des Morgens in der U-Bahn: Es gibt Menschen, die auf ihre Tapferkeit sichtlich stolz sind. Allerdings, worauf sich diese Tapferkeit bezieht, das ist schon bemerkenswert. Sie bezieht sich darauf, dass sie es wagen, sich über die kleinen Normen der Höflichkeit hinwegzusetzen. Man steht an und -- schwups! -- hat sich ein tüchtiger, tapferer Drängler vor einen in die kleine Schlange vor der Tür geschoben. Was er damit gewonnen hat, ist nicht so recht klar. Aber hier geht es halt ums Prinzip. Survival of the fittest. Später: Von zwei Wagentüren geht nur eine auf. Der, der aussteigt, sagt sich ganz offenbar: Da passe ich doch gut durch, durch diese eine! Dass hinter ihm 10 Leute stehen und dass er mit einem Handgriff die zweite Tür auch aufmachen könnte -- nun, das wäre ja vollkommen uncool.

Die Steigerung gibt es natürlich, nur so ein Gedanke bei dieser Gelegenheit, auf der Autobahn. Wenn die Tapfersten der Tapferen bei Stau auf dem Standstreifen 2 Kilometer nach vorne fahren und sich dann mit einem schnellen Blinken vor einen, der ein wenig zu viel Abstand zum Vordermann hält, reinquetschen. Oder halt über einen Parkplatz fahren, weil sie auf diese Weise sage und schreibe 300 Meter gewonnen haben und mit solcherlei Fahrverhalten nach 545 Kilometern 8 Minuten früher ankommen als der, der sich an die Regeln hält.

Ja, so sanns. Und eben -- sie sind die Tapferen, die solcherlei Geschichtchen auch noch auf der Party mit ihresgleichen schenkelklopfend zum Besten geben. Ja, wir, die dämlichen Stützen der Gesellschaft! Wir trauen uns was!

...

Kleiner Nachtrag: Würde ich das in einer normalen Newsgroup des Internet zum Besten geben, wahrscheinlich hätte ich fast alle gegen mich? Warum? Zwei Gruppen, zwei Gründe: Die einen gehören zu denen, die ich eben beschrieben habe. Die anderen finden es bürgerlich-peinlich, wenn über so was geredet wird. Es ist eben diese Gruppe B, die es auf sich nimmt, bürgerlich cool, durchs Leben zu stießeln.

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