Kaum fängt man an herumzulesen, wird eine Sache uferlos. Hier: Susan Sontag:
"Ich will mit vielen Leuten schlafen" Als Studentin neigt die Intellektuelle zur Selbstzerstörung. Die Mittel ihrer Wahl: Eine Hochzeit und ein Masterstudium Von Oskar Piegsa 16. April 2013 ... ZEIT Campus Nr. 3/2013 6 Kommentare || Die Sängerin auf der Bühne des Mona’s ist sehr groß, sehr blond und wunderschön. Im Abendkleid und mit nackten Schultern steht sie im Scheinwerferlicht. Und ihre Stimme! So tief und stark, Susan ist beeindruckt. Sie ist zum ersten Mal in dieser Bar bei den Piers von San Francisco, Harriet hat sie mitgenommen, die beiden kennen sich aus der Uni-Bibliothek in Berkeley. Harriet ist 21, Susan erst 16, sie dürfte noch gar nicht hier sein und sich von älteren Frauen zu Drinks einladen lassen. Doch im Mona’s gelten andere Gesetze als in der Welt da draußen. Während Susan noch über die Sängerin staunt, lächelt Harriet und verrät ihr ein Geheimnis: Da vorn auf der Bühne, das ist ein Mann in Frauenkleidern. Kurz darauf beginnt Susan eine Vokabelliste in ihrem Tagebuch. "Gay slang", schreibt sie und darunter: "drag", "be in drag", "a drag party". "Box" bedeutet Muschi, "to have a box" Oralsex. Dann notiert sie einen Satz, den sie vielleicht im Mona’s aufgeschnappt hat: "When you gonna let me have some of that box, honey?" [...] Zwei Tage später erhält Susan einen Brief: Die Uni in Chicago gewährt ihr ein Stipendium. Was dann und in den nächsten Jahren folgt, widerspricht allem, was sie eben noch beschlossen hatte. Sie wechselt von Berkeley nach Chicago. Dort geht sie in eine Vorlesung des zehn Jahre älteren Soziologen Philip Rieff. Der sucht einen Hiwi, jemanden, der Recherchen für sein Forschungsprojekt übernimmt. Sontag bekommt den Job. Das ist im November 1950. Im Dezember sind Rieff und Sontag verlobt. Am 3. Januar 1951 notiert sie in ihrem Tagebuch: "Ich heirate Philip im vollen + beklemmenden Bewusstsein meines Drangs zur Selbstzerstörung."" (zeit.de)
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