Sonntag, 31. Januar 2010

Selbstliebe und Selbstzerstörung

Heute, seit 09:30 Uhr. Essay und Diskurs: Körperkult. 3. Selbstliebe und Selbstzerstörung
Von Svenja Flasspöhler

"Das Wort Kult meint Götterverehrung. Der Körper wird dabei für die Huldigung instrumentalisiert. Innerhalb des Körperkultes ist der Körper aber nicht nur Mittel, sondern auch Zweck des Kultes. Er selbst ist es, der geehrt, angebetet und manipuliert wird. Dies zeigen viele Formen in unserer Gesellschaft. Unsere vierteilige Serie "Körperkult" befasst sich damit. "

--

Jeder 100. Deutsche sei fitness-süchtig. Michael Jackson, eine Parodie seiner selbst, hergestellt durch "Schönheitsoperationen".

"Auf Neuguinea fügt man sechzehn Jahre alten Jungen bis zu 2000 Schnitte am ganzen Körper mit einem Rasiermesser zu, um das 'Krokodil' zu ehren, das dem dortigen Glauben zufolge der Ursprung des Lebens ist. Und bei den brasilianischen Kayapó-Indianern sticht man einem neugeborenen Jungen schon nach wenigen Tagen ein Loch in die Unterlippe. Mit den Jahren wird das Loch vergrößert, und wenn der Junge das Heiratsalter erreicht hat, setzt man ihm eine sogenannte Lippenscheibe ein, die so groß ist wie eine Untertasse und die Redekunst ihres Trägers symbolisieren soll."

Und ein wenig weitergeblättert.

"Überall auf der Welt sind Frauen durch Schönheitsideale und Bräuche in ihrer Freiheit und Unversehrtheit eingeschränkt worden. Doch die chinesische Tradition des Füßebindens scheint eine besonders grausame Variante zu sein: von klein auf wurden den meisten chinesischen Mädchen durch ihre Mütter die Füße so eng und stark bandagiert, dass ..."

Freitag, 29. Januar 2010

Machu Picchu in Peru

Ja, Himmelarschundzwirn -- was suchen den Touris allüberall in der Welt? Verpesten mit Flugbenzin die Atmosphäüre. Lassen ihren Abfall da. Machen die Einheimischen zu Nicknegern und Nickindianern. Je nun, der Mensch als solcher ist halt aufgespalten in einen depperten und einen verünftigen Anteil. Und in machen Menschen ist das Bedürfnis nach Großtun größer als die Vernunft. Und BILD, der Inbegriff der mediokren Quasi-Vernunft vermeldet es dann an die passenden Adressaten:

Machu Picchu in Peru ist ein Katastrophengebiet. Sieben Menschen starben. Darunter eine Touristin aus Argentinien. Tausende Urlauber sind eingeschlossen.

Es ging zu wie in Roland Emmerichs Weltuntergangs-Thriller „2012“: Die Fluten kamen und rissen alles mit sich. Häuser stürzten ein und wurden weggespült.
...
Durch das Unwetter ist die Evakurierung der Menschen extrem schwierig.

Na, dann kuriert und evakuriert mal schön. Und wenn Eva kuriert ist, schaut mal nach, ob noch der alte Adam da ist.

Finning

Der Mensch als -- nein, nicht als solcher, sondern in seiner Gruppierung als ökonomisches Wesen, ist, wenn es darauf ankommt, ein Ekelpaket. Wenn's zum Beispiel der Nahrungsvermarktung geht, kennt der Homo OEconomicus kein Pardon. Wir lesen und hörten gerade im Radio:

"Das Shark Finning hat in den letzten Jahren und Jahrzehnten durch die Erhöhung der Nachfrage stark zugenommen, insbesondere durch den wachsenden Bedarf in China zur Herstellung von Haifischflossensuppe. Aufgrund des dort wachsenden Wohlstandes wurde ein Boom ausgelöst, da die Suppe wegen des hohen Preises (über 600 US-Dollar pro Kilo getrocknete Flosse) als Prestigeobjekt serviert wird. Aber auch für traditionelle Medizin wird die getrocknete Flosse verwendet.
Das Shark Finning ist weltweit weit verbreitet und verläuft unkoordiniert und nicht überwacht. Fachleute gehen davon aus, dass jährlich rund 100 Millionen Haie wegen ihrer Flossen getötet werden."

Der kleine Häwelmann

Theodor Storm

Es war einmal ein kleiner Junge, der hieß Häwelmann. Des nachts schlief er in einem Rollenbett und auch des nachmittags, wenn er müde war; wenn er aber nicht müde war, so mußte seine Mutter ihn darin in der Stube umherfahren, und davon konnte er nie genug bekommen.
Nun lag der kleine Häwelmann eines nachts in seinem Rollenbett und konnte nicht einschlafen; die Mutter aber schlief schon lange neben ihm in ihrem großen Himmelbett. "Mutter", rief der kleine Häwelmann, "ich will fahren!" Und die Mutter langte im Schlaf mit dem Arm aus dem Bett und rollte die kleine Bettstelle hin und her, und wenn ihr der Arm müde werden wollte, so rief der kleine Häwelmann: "Mehr, mehr!" und dann ging das Rollen wieder von vorne an. Endlich aber schlief sie gänzlich ein; und so viel Häwelmann auch schreien mochte, sie hörte es nicht; es war rein vorbei.

Erinnerung an Sie, die mir den Kleinen Häwelmann gezeigt hat. Der immer mehr und mehr und mehr will...

Diskussionen im Internet und ihr Niveau

Und dann kommt -- das ist die wahre Internet-Demokratie! -- Volkes Stimme daher und kommentiert:

DerLasse94 (vor 1 Monat)
Garnicht so einfach dieser Romantik Krams Man muss schon Intilligent sein um das alles zu verstehen.

PROSPE78 (vor 3 Monaten)
Romantik ist ein Etikett. Man muss schon bereit sein genau hinzuschauen, was verschiedenste Leute gesucht bzw. gefunden haben. Auf Etiketten andere Etiketten zu kleben und sie selbstgefällig duch die Luft zu wedeln, kommt nur jenen Zynikern gelegen, die nur ihr Häufchen Gegenwart kennen und es müde sind, nur darüber zu witzeln. Schämt euch für das "Niveau".

TheStefanbw (vor 6 Monaten)
Aber bei den 68ern, den Hippies, den Grünen tauchen in der Frühzeit tatsächlich genau die gleichen Topoi auf: Flucht in die heile Welt der Vormoderne, Entgrenzung und Ausbruch aus dem Alltag z.B. durch Drogenkonsum, ohne Industrie, ohne Umweltverschmutzung, ohne Ausbeutung... "merry England ideology" nennen die Engländer das Pendant dazu...

TheStefanbw (vor 6 Monaten)
Stefan Georges "geheimes Deutschland", alles im weitesten Sinne Romantik, die konservativen und nationalen Bewegungen der Weimararer Zeit waren allesamt romantisch, ebenso die Jugendbünde... dazu die "politische Romantik", die nach dem Vollkommenen strebt und daher die parlamentarische Demokratie leider verachtete, alles pervertiert im Nationalsozialismus, und alles nach 1945 im wesentlich vergessen...

TheStefanbw (vor 6 Monaten)
Lest mal das Buch von Safranski, die Zusammenhänge sind irre und vollkommen eineluchtend! Die Romantik prägte das deutsche Denken für seit Jahrhunderte, im guten und im Schlechten. Religiöse Schwämer, Grimms Märchen, Herders Idee von "Volk", die Sehnsucht nach dem deutschen Mittelalter als eine Flucht aus der Moderne, die Verehrung der Natur im "deutschen Wald", Hegels Weltgeist, Wagners Opern, Manns "Ansichten eines Unpolitischen"...

LostGentlemen (vor 10 Monaten)
Unglaublich diese Kacke!!! Romantiker in der Politik... Hitler... Perversion des Romantischen... , The Doors, Hippies... HALLO! GEHT'S NOCH!?!?! es is unglaublich wie furchtbar dumm-dreist dieser Beitrag ist. da stimmt ja keine einziger Zusammenhang und all diese hohlen reißerischen Phrasen... könnt ich glatt kotzen

Jour0n (vor 9 Monaten)
richtig, was hat Fichte da zu Suchen, und da wird er in einem Atemzug mit diesem Schlegel genannt. "zu mehr reicht es in Deutschland nicht" .... das was die hier als Romantik als Erbe ausgeben wird, ist nicht Erbe, sondern Ausbeutung und Verfremdung LÄCHERLICH

LostGentlemen (vor 10 Monaten)
"Romantiker sind Stammväter der Grünen..."" Was für eine dumme Scheiße!!! hat das RTL gemacht und einfach nur ZDF draufgeklebt?!?!?

LostGentlemen (vor 10 Monaten)
wie platt, und plakativ! was für ein furchtbarer Erzähler!

Doctorro (vor 1 Jahr)
hat jemand mal die komplette Folge? bin wieder auf den Geschmack gekommen :)

Sioux2 (vor 1 Jahr)
Rudi Dutschke hatte seine stärken wohl nicht im tanzen...

Mittwoch, 27. Januar 2010

Pirahã

Was halten wir denn davon?

Pirahã ist der Name einer vom gleichnamigen Stamm im Amazonasgebiet Brasiliens gesprochenen Sprache, die als die einzige heute noch gesprochene Sprache der Mura-Sprachfamilie gilt.
Pirahã hat seit 2005 eine große Debatte unter Linguisten ausgelöst, die auch ein beträchtliches Echo in den Medien erfahren hat. Grund dafür ist, dass Daniel L. Everett, der Linguist, der hauptsächlich mit der Sprache gearbeitet hat, behauptet, dass die Sprache in zahlreichen Punkten extrem ungewöhnlich ist und strukturell massiv von anderen, auch „exotischen“, Sprachen abweicht.


"ROBERT D. VAN VALIN, JR. [6.14.07]
Heinrich Heine University, Düsseldorf

There are a number of points worth emphasizing with respect to Dan Everett's claims about Pirahã. First, and most important, he is not claiming that Pirahã speakers are in any way limited in what they can say by the lack of recursion in the syntax. Saying 'John has a brother. His brother has a house' communicates the same content as 'John's brother's house', albeit with less perspicuous packaging. The fact that Pirahã speakers can formulate such utterances supports Everett's claim that they can form recursive semantic propositions, which are then expressed in this non-recursive way in the syntax. There are analogues in other languages. I worked for many years with speakers of Lakhota, the language of the Sioux, which definitely has recursive structures in its syntax. If one asked a Lakhota speaker if the Lakhota equivalent of 'I know that Bill stole the money', with 'that Bill stole the money' as an embedded clause, is a possible Lakhota sentence, he or she would say that it is. If, on the other hand, one asked a Lakhota speaker how he or she would say that sentence, they would respond 'Bill stole the money, and I know it', which is exactly the same kind of non-recursive structure found in Pirahã. Given a choice, the Lakhota speakers I have worked with always chose the non-recursive structure. There are good reasons why they would want to avoid such embedded clauses, given certain features of Lakhota syntax, but the point is that speakers find it to be communicatively equivalent to the recursive structure.

John Searle long ago proposed a principle of effability, which states that all languages are capable of expressing the same content. Despite the lack of recursion, Pirahã speakers are indeed able to express complex propositions. This is relevant to Chomsky's claim that recursion is the key feature of human language. Chomsky's approach treats syntax as the main backbone of language, to which other aspects of language are secondary. Because speakers are capable of formulating complex recursive propositions, this must, given Chomsky's view of the centrality and primacy of syntax to language, be realized in terms of recursion in the syntax."

Welche dieser Einlassungen sind überhaupt in ihrer gedanklichen Vagheit und Schwere widerlegbar? Oder zu testbaren Sätzen umzuformulieren?

Dienstag, 26. Januar 2010

Ich bin ein US-Amerikaner! Grad eben noch...

Wie lange noch? Ich habe den boys und girls immer und irgendwie und zumindest innerlich die Treue gehalten. Aber nun? Eine Ansammlung von Menschen zur Hälfte, die nichts mehr fürchtet als die Veränderung. Bei der Krankenversicherung, beim Klimaschutz, bei der faktischen Rassentrennung. Armer Obama! Vielleicht sollten die Nord- und die Südstaaten sich wieder trennen und eine große Wander- bewegung einsetzen. Dann wüsste ich wenigstens, wohin ich gehöre.

Montag, 25. Januar 2010

GfK

Plötzlich schaue ich mal nach. Vermutungsstand: Die GfK ist in den 1970er Jahren von findigen Pädagogik- und VWL-Studenten gegründet worden. Pustekuchen! Die Wikipedia verkündet:

Die GfK Aktiengesellschaft wurde 1934 als GfK-Nürnberg Gesellschaft für Konsumforschung e.V. von Nürnberger Hochschullehrern, darunter dem späteren deutschen Wirtschaftsminister und Bundeskanzler Ludwig Erhard, gegründet. Das Konzept wurde vom Mitbegründer Wilhelm Vershofen gestaltet.
1984 wurden die kommerziellen Aktivitäten in die GfK GmbH ausgegliedert und mündeten 1990 in die heutige GfK SE. Der GfK-Nürnberg e.V. beschränkte sich seit diesem Zeitpunkt auf die Förderung der Markt- und Absatzforschung. Heute hält der Verein 57 % der GfK SE. Der Hauptstandort des Unternehmens und des Vereins ist Nürnberg.
2009 wurde die GfK AG in eine europäische Aktiengesellschaft umgewandelt. Die GfK trägt mit dem Wechsel der Unter- nehmensrechtsform ihrer internationalen Ausrichtung verstärkt Rechnung.
Die GfK erhebt unter anderem die Einschaltquoten für das Fernsehen in der Bundesrepublik Deutschland.
Die Gemeinde Haßloch dient als durchschnittlicher Ort als Testmarkt für das Instrument GfK BehaviorScan, mit dem vor allem die Wirkung von Fernsehwerbung untersucht und die Neueinführung von Produkten simuliert wird.

Wer hätte gedacht, dass 1934 eine solche Einrichtung entstanden ist. Wobei es nun von großem Interesse wäre, welche Rolle die GfK im Weiteren -- 1940, 1945, 1950, 1955 ... gespielt hat. Wie hat sie sich in der NS-Zeit verhalten, wie in der Nachkriegszeit, wie später und heute?

Sonntag, 24. Januar 2010

Fische, ganz da unten im Marianengraben?

Schon seltsam manchmal, die Sache mit der Empirie. Ich lese da heute:

"Doch an der Stelle, die seit dem Tauchgang Trieste-Tief heißt, liegt kein Wrack. Als das Boot knapp über dem Meeresboden stoppt, zeigt der Tiefenmesser 11.521 Meter. Das Gerät wurde im Süßwasser kalibriert; spätere Sondierungen geben die Tiefe mit 10.916 Metern an, 1995 wird die Stelle mit 10.911 Metern gemessen. Und doch gibt es Leben hier unten: Ein Plattfisch schwimmt durch das Scheinwerferlicht des Tauchbootes – sagt Piccard. Er hat keine Kamera dabei, Ozeanographen bezweifeln seine Beobachtung." (Quelle)

Je nun, warum baut Deutschland nicht eine kleine Fernsehkamera + Lampe, baut beides in eine kleine Druckkapsel ein, nimmt, von wegen der Leichtigkeit, ein Glasfaserkabel und lässt beides mit relativ geringem Aufwand in den Marianengraben hinab. Gefesselt meinethalben an eine automatisch sich an der Stelle haltende Boie und für ein halbes Jahr. Relativ geringer Aufwand. Menschen sind nicht gefährdet.

Schwimmen jetzt Fische vorbei oder nicht? Die Sache wäre geklärt.

Tokyo Killer

Barry Eisler spricht japanisch. Tokyo Killer als der Film Rain Fall. Gibt es den Film hierzulande als DVD?

Samstag, 23. Januar 2010

Und Gott sprach -- durch die Wikipedia

Ich stoße auf eine schon ein wenig ältere Wikipedia-Diskussion, die ich zum Thema "Belagerung von Zara" losgetreten habe und die mir aus dem Abstand heraus gefällt:

Katholisch?

"Hierbei wurden katholische Kreuzritter erstmals für die Eroberung und Plünderung einer katholischen Stadt benutzt." Ist dieses Attribut hier zutreffend? Katholisch wird doch meistens mit "römisch-katholisch" assoziiert. Außerdem: dass man Ritter "benutzt" klingt auch ziemlich schräg. --Delabarquera 18:44, 13. Dez. 2009 (CET)

Katholisch ist hier der richtige Begriff. Die Kreuzfahrer und die Einwohner der Stadt Zara waren Anhänger der Katholischen Kirche. "Katholisch" wird hier zutreffend mit "römisch-katholisch" assoziiert, denn genau diese Kirche ist gemeint. Zur Klarheit habe ich den Begriff verlinkt. Außerdem: Dass man Ritter "benutzt" klingt nicht nur schräg, sondern war es auch – gerade dieser Umstand macht die ansonsten unspektakuläre Belagerung so historisch bedeutsam. --Herrgott 11:16, 14. Dez. 2009 (CET)

Na ja, kann man dem Herrgott widersprechen, wenn er so, ex cathedra, spricht?! --Delabarquera 16:53, 15. Dez. 2009 (CET)

Deutsche Außenpolitik: Afghanistan

Der afghanische Präsident Hamid Karzai, auf den viel geschimpft wird, hat sich als Kenner seines Landes und als echter Pragmatiker erwiesen. Dafür will ich ihn loben! Er schlägt vor, einzelne Taliban-Gruppen für das Niederlegen bzw. Abgeben ihrer Waffen und die politische Mitarbeit schlichtweg zu bezahlen.
Denken wir die Sache zuende: Wenn das Geld, das der Afghanistan-Einsatz die Staaten gekostet hat, von Anfang an dazu verwendet worden wäre, um die Anerkennung gewisser unverzichtbarer politischer und moralischer Standards und das Anerkennen einer Zentralregierung zu erkaufen, dann wären wir heute viel, viel weiter. Natürlich hätte das Geld nicht auf einmal an die Führer der Stämme und Gruppen ausbezahlt werden dürfen, sondern als Alimentation gestreckt über -- sagen wir ruhig: 20 Jahre.

Warum kommt die deutsche Außenpolitik nicht einmal auf solche unkonventionellen Ideen?

Donnerstag, 21. Januar 2010

Radio am Morgen: Hartz-IV, Koch

Ein kluger Kommentar zu Roland Kochs Hartz-IV-Arbeitspflicht im Deutschlandfunk.* Dass Koch als Lobbyist der Mittelschicht auftritt, dass es aber einen Umbau des Sozialstaats im 21. Jahrhundert braucht. Dass Besitzstandswahrung im Moment alles sei, was zählt. Meine Frage schon seit längerer Zeit: Wenn wir es in die Entscheidung Einzelner stellen würden -- wie viel in Bruttolohn-% wäre den Menschen die absolute Sicherheit ihres Arbeitsplatzes wert? Diese noch unbeantwortete Frage macht, vielleicht sinnloserweise, jede Forderung der Beamten auf Gehaltserhöhung immer zu einer komischen Sache.

Auf den ersten Blick ist das Ganze ein Sturm im semantischen Wasserglas. Was Roland Koch fordert, ist längst Gesetz und Praxis: gut eine halbe Million Arbeitslose verrichten als Ein-Euro-Jobber gemeinnützige und daher mitnichten "niederwertige" Tätigkeiten. Mehr können, wollen oder dürfen die Kommunen und die Sozialverbände nicht beschäftigen.
Koch weiß das. Warum provoziert er so dumpf? Drei Deutungen bieten sich an. Die erste lautet: Taktischer Zynismus. Eingeklemmt zwischen Krise, Schuldenbremse und Steuergeschenken bleibt der Regierung, so Koch, zur Geldbeschaffung nur noch eine "Hartz IV-Reparatur", an deren Ende "die Gemeinschaft weniger aufbringen" muss. Und als notorisch böser Bube vernebelt er mit der Zwangsarbeitsrhetorik eine Strategie, die auf die Lockerung der Zuverdienstgrenzen bei Hartz IV zielt. Ohne eine Flankierung mit Mindestlöhnen, würde das aber den Elendslohnbereich und das staatlich ermunterte Lohndumping auf Dauer stellen.

--

* Ich wollte schon schreiben: In der Eile nicht zu finden. Aber dann, mit Phantasie, doch gefunden. Mathias Greffrath, DLF 21.01.2010 · 07:20 Uhr: Roland Kochs Provokation oder die soziale Marktwirtschaft neuerfinden

Mittwoch, 20. Januar 2010

Rechtschreibreform

"Magis-ter" trennt mein Textprogramm automatisch.

Gleich darauf der Gedanke: Kann es sein, dass im Kern der Rechtschreibreform die Kränkung des seinerzeit kindlichen Gemüts der Reformer steht? "Trenne nicht s-t, denn es tut ihm weh!" Aber man muss doch s-Bindestrich-t schreiben, um das überhaupt niederschreiben zu können, denkt sich der kleine Gerhard Augst im harten Nachkriegswinter 1947 in der Volksschule zu Altenkirchen. Und er steht für so einige!

Solche Sinnsprüche mussten einfach den kindlichen Intellekt späterer, formal und hochdifferenziert (sic) denkenker Germanistik-Professoren beleidigen! Und also -- Rache an der deppert-schlichten Denke der eigenen Deutschlehrer, das steht als zentrales Motiv hinter der Rechtschreibreform! Zerschlagen wir ihre Sprüche! Jetzt sind wir an der Macht!

"Mehrheit? Was ist die Mehrheit? Verstand ist stehts (sic) bei wen'gen nur gewesen." - Friedrich Schiller

So haben sie gedacht, die Kinder-Professoren. Und sich daran gemacht, der Mehrheit ihren Wen'gen-Willen zu oktroyieren. Triumph des Willens! einmal anders.

Man sehe sich noch einmal Volker Pispers' Henri an!


Dienstag, 19. Januar 2010

Managerment-Fehlentscheidungen: WordPerfect

Die Manager von WP haben einst die Bedeutung eines kleinen Instruments verkannt: der Maus. Profi-Schreiber, so sagte mir ein Mann an einem WP-Stand auf der Cebit, würden niemals die Hand von der Tastatur nehmen.

Samstag, 16. Januar 2010

Politik 4: Veränderungen, Strompreis und erneuerbare Energien

Röttgen verteidigt Kürzung von Solarstromförderung
Umweltminister Norbert Röttgen hat die geplante Kürzung der Solarstromförderung verteidigt. Er rechne mit einem Wachstum der Solarenergie in Deutschland sowie einem Preisrückgang bei regenerativen Energien. Darum sei es richtig, dann auch die Förderungen zurückzunehmen, so der Umweltminister. Die Höhe der Kürzung stehe noch nicht fest. Nach dem Gesetz über erneuerbare Energien erhalten Betreiber von Solaranlagen je Kilowattstunde einen festen Betrag, der deutlich über dem Börsenpreis liegt.

Mal allgemein gesagt: Mit politischen und wirtschaftlichen Veränderungen wie mit Veränderungen überhaupt ist es doch so: Kommen sie extrem schnell, machen sie alles kaputt. Vergleichbar einem Auto, das eine Extrembremsung macht = gegen einen großen, festen Baum fährt. Warum gibt es nicht, und also auch bei den erneuerbaren Energien und den Beträgen für Stromeinspeisung aus denselben, von Beginn an eine Gleitklausel des sanften Bremsens. Eine Klausel, die bekannt war und ist und die das Wirtschaften berechenbar macht? Langsam immer weniger Förderung. Ihr könnt euch jederzeit darauf einstellen. Oder gibt es diese Klausel, und ich kenne sie wieder mal nur nicht.

--

Ich habe diese Frage gerade eben mal an das Ministerium gestellt. Mal sehen...

Vielen Dank für Ihre Anfrage, die bei uns eingegangen ist.

Ihr Referat Öffentlichkeitsarbeit

Politik 3: Umweltpolitik

Hin und wieder sage ich unter Freunden, dass man die Fernflüge -- nicht nur die privaten, aber die eben auch -- längst extrem bewirtschaften müsste. Ein Meilen-Handel nach dem Muster des Emissionshandels. Jeder hat 1000 Meilen pro Jahr abgabefrei, dann wird es richtig und unverschämt teuer. Und jeder kann seine Rechte an die anderen verkaufen. Meistbietend, bei Ebay meinetwegen.

Wenn ich das sage -- ein Lächeln! Wer wollte heute von der Gewohnheit lassen, mit seinem Urlaub in Thailand oder den Niederländischen Antillen zu protzen. So ist der Mensch eben. Wer sollte ihn ändern.

Politik 2: Banker und Boni

Die Online- und die Papierpresse meldet das:

"President Barack Obama said bonuses dealt out by Wall Street firms are “shameful” while the U.S. economy is in recession and companies are asking for help from taxpayers.
Distributing bonuses now “is the height of irresponsibility” Obama said at the White House, where he held a closed-door meeting with Treasury Secretary Timothy Geithner and Vice President Joe Biden. Firms need to “show some restraint and show some discipline and show some sense of responsibility.”"

Aber -- ich hab das in diesem Blog so oder so ähnlich schon mal geschrieben, also noch einmal, aus diesem gegebenen Anlass: Nehmt einem Angler die Angel weg und er verliert einen Teil seines Lebenssinns. Nehmt einem Banker die Boni weg, und er verliert beinahe den gesamten Sinn seines Lebens. (Oder vielleicht wirklich: seinen ganzen und einzigen Lebenssinn?!) Die Großen dieser Welt sind -- ausgleichende Gerechtigkeit -- arme Schweine mit reduziertem Sinnhorizont. Auf der anderen Seite: Das macht sie am Ende zu den großen Leuten. Ihr sozialer Instinkt ist auf den jeweiligen Erfolg zugespitzt. Sie sind die Stiletts

Und wenn es das Ende des Lebens nicht gäbe, wenn sich die Reichen und Schlauen und Erfolgreichen die Ewigkeit und die ewige Hoch-Zeit erkaufen könnten -- es wär nicht zum aushalten. So aber -- am schönsten drückt es das Hobellied aus.

Da streiten sich die Leut' herum
oft um den Wert des Glücks;
der eine heißt den andern dumm;
am End' weiß keiner nix.
Da ist der allerärmste Mann
dem andern viel zu reich!
Das Schicksal setzt den Hobel an
und hobelt s' beide gleich.

Das Schicksal?

Na ja, der Weaner Tod halt.

KZ-Bordell

Beim Herumsuchen zu dem vorherigen Eintrag stoße ich auf das. Ich hatte irgendwann davon gehört und es wieder vergessen. Jetzt halte ich es fest. Ein Mosaikstein zu dem großen Werk "Der menschliche öffentliche Wahnsinn". Gut, die Überlegungen zum damaligen Forschungsstand auf der Homepage des Autors der Untersuchung, Robert Sommer.

Zwangsprostitution im KZ-Bordell
Zwangsarbeit in KZ-Bordellen: "Opfer ohne Stimme"
18.12.09

Berlin - Der perverse Plan kam von Heinrich Himmler: Der SS-Führer ließ in Lagern Bordelle bauen, als Anreiz für fleißige KZ-Häftlinge. NS-Forscher Robert Sommer hat das Schicksal der Zwangsprostituierten erforscht. Ein Interview.

Politik 1: Hilfen für ...

Die Luft an diesem Winterwochenende ist voller Politik. Nehmen wir die Erdbeben-Katastrophe in Haiti. Die Verzweiflung der Menschen, in vielen Berichten beschworen. Darf ich angesichts dieser Meldungen die folgenden Überlegungen überhaupt im eigenen Hirn zulassen? Ich und man muss!

Erste Assoziation: Vor Jahren ein Polit-Sketch im Fernsehen. Ein Mann vor seiner darniederliegenden Hütte in Afrika. Fruchtbares Land ringsumher. Die Sonne scheint. Da sei ein Sturm vor vier Wochen gewesen, sagt der Mann mit trauerndem Blick auf seine Hütte. Und die UNO sei immer noch nicht dagewesen, um seine Hütte wieder aufzubauen.

Zweite Assoziation: Die Palästinenser. Bei einer Krise vor Jahren erfährt man, dass die palästinensische Verwaltung von Europa bezahlt wird und dass die Funktionäre kein Geld bekommen, wenn die EU die Hilfezahlungen einstellt.

Drittens, dieser Fall jetzt: Ein politisches Chaos in einem klimatisch gesehen paradiesischem Land. Das Land ist -- natürlich -- nicht in der Lage, sich auch nur annähender selbst zu helfen. Der schwarze Mann vor seiner Hütte...

Vierte Assoziation. Lafontaine, der Helmut Schmidt 1982 kritisiert: "Helmut Schmidt spricht weiter von Pflichtgefühl, Berechenbarkeit, Machbarkeit, Standhaftigkeit. Das sind Sekundärtugenden. Ganz präzis gesagt: Damit kann man auch ein KZ betreiben." Ganz selten wird darauf hingewiesen, dass man ohne diese Tugenden gar nicht "betreiben" kann, vor allem keine funktionierende Gesellschaft. So bleibt das Problem, die Frage: Wie kann man den an den internationalen Hilfe-Tropf gewöhnten, diese Hilfe inzwischen einklagenden Gemeinschaften dazu bringen, auf eigenen Füßen zu stehen und Selbstverantwortung zu entwickeln?

Zu den Tabus der Berichterstattung gehört -- sowas sagt man einfach nicht --, dass die Palästinenser, die Haitianer, fast alle Afrikaner wegen ihrer fehlenden Sekundärtugenden als Kindernationen gesehen werden. Da hat sich seit jenem Denker, der diese Formulierung in die Rede eingebracht hat, wohl nichts geändert. Nur eben -- dass dieses Gefühl wegen der politischen Korrektheit nicht mehr ausgesprochen wird.

Ach ja -- wer war jener Denker? Richtig! Georg Wilhelm Friedrich Hegel.

Donnerstag, 14. Januar 2010

Phoentik

Schon erstaunlich, was die Wikipedia alles hervorbringt. Ein Wörterbuch mit Aussprache-Angaben, unter anderem.

Rachen (Deutsch) Substantiv, m
Aussprache: IPA: IPA: ['ʀʀaχn̩], Plural: ['ʀaχn̩]


Interessant dabei, dass die als deskriptive Vorgabe gedachte Sache doch eine sehr normative Setzung ist. Möglich doch, dass Sie und ich das Wort Rachen als ['ʀaχən] aussprechen?


P. S. Gerade sehe ich, dass die Blog-Schrift das ʀ einmal darstellt und vorher aber nicht. Obwohl es da steht. Seltsam! Und trotz allerlei Versuchen bekomme ich es nicht hin, das ʀ sichtbar zu machen.

Spinnen und Rechtschreibung

Und dabei finde ich dann, im Nebenfang sozusagen, auch noch das. Die Mischung aus Das-Eigene-nicht-lesen und Rechtschreibschwäche macht diesen Doktor interessant.

haf1993
Rang: Doktor (2.760) | Tiere (26)
10 Minuten nachdem die Frage gestellt worden ist (22.02.2009 15:32)

Also aufjedfall braucht man keine Angst vor den Spinnen zu haben die hier bei uns wohnen die sind harmlos und haben mehr angst vor uns wie wir vor ohnen. Sie sind zwar eklick aber sehr intressant... Mach dir kein Kopf wegen dem es ist auf keinen Fall eine gefägrliches insekt...

Schwester Spinne

Es darf einem schon gelegentlich ein wenig mulmig werden, wenn man im Internet umherstreift. Soeben: Eine Spinne an der Wand. Ich überlege, was der Heilige Franz von Assisi da wohl gesagt hätte. Hätte er sie als Schwester Spinne angesprochen? Also schlage ich diese Worte einmal nach, und der erste Google-Treffer verweist -- das mir! -- auf ein Esoterik-Forum. Da hat jemand eine kurze Erzählung, im Wesentlichen einen Dialog, verfasst, mit genau diesem Titel. Weiter unten dann auch noch eine Erzählung -- ein Kind und seine Schwester Spinne. Jetzt aber mal ein Auszug aus der Esoterik-Erzählung:

--

"Psst!", macht es als ich neulich durch den Garten ging.
Ich stutzte - doch es war niemand in der Nähe.
"Hallo Melina", sagte nun eine sehr alte weise Stimme zu mir.
Da sah ich SIE - eine Spinne in ihrem Netz.
Ich sagte :"Hallo Schwester Spinne, was willst du mir erzählen?"
"Viel, viel habe ich dir zu sagen, liebe Melina, du weißt ich bin viel ÄLTER als du", ihre acht schwarzen Augen glänzten dabei geheimnisvoll.
Dann begann sie mit leiser , flüsternder Stimme zu erzählen :
"Du denkst wir beide ich und du wären verschieden? Ach komm, glaube nicht daran. Es ist nur ein augenscheinlicher Unterschied - nicht der Rede wert! Du liebe Melina, kleine Schwester, kannst viel von mir lernen - du musst es nur wollen. Sehe mir genau zu wie ich meinen Faden spinne, er darf weder zu fest sein , sonst reißt er, auch darf er nicht zu locker gesponnen sein.
Der Wind würde hineinfahren und das Netz zerstören. Auch du hast deinen eigenen Faden!
[...]"

Dienstag, 12. Januar 2010

Wort des Jahres 1: Afterhochzeitsparty

Keine Erfindung, dieses Wort. Also -- jedenfalls keine Erfindung von mir.

"Anfang Juni wollen die beiden in ihrem Haus bei München eine Afterhochzeitsparty feiern – dann will Claudia noch einmal in ihr Traumkleid schlüpfen: „Für unsere Freunde und Familie werde ich es noch einmal tragen“."

Wo gefunden? Natürlich hier!

Aber auch hier! Und das zeigt schon gewisse mediale Seelenverwandtschaften. Möglicherweise sollte man darauf hinweisen, dass das mit dem Übersetzen so eine Sache ist.

Ganz auf eine große Sause verzichten will das Paar aber doch nicht. „Anfang Juni wollen wir in unserem Haus bei München eine große Afterhochzeitsparty feiern. Dann werde ich für unsere Freunde und Familie noch einmal mein weißes Kleid tragen.“

"Another new trend is scheduling the first dance immediately after wedding party introductions and before the toast or meal."

Und dass dann vielleicht bald ein Afterkind folgt. (Aber das geht nach der Hochzeit ja nicht mehr! Oder -- nein, doch! Wenn man ein wenig um die Ecke denkt. Herrjeh ist die Welt kompliziert.)

Freitag, 8. Januar 2010

Turmbaus zu Dubai

Eigentlich wollte ich ein klassisches Bild des Turmbaus zu Babel mit dem des Turmbaus zu Dubai verschmelzen. Dann habe ich gesehen, dass er Gedanke anderen auch gekommen ist. Vielleicht ist er wirklich naheliegend.

Donnerstag, 7. Januar 2010

Wie man im Rechtsstaat ein Gesetz aushebelt ...

... letzthin im Fernsehen: Die Hartz-IV-Empfänger dürfen auf Staatskosten gegen Entscheidungen der Ämter klagen. Das tun sie dann auch in großer Zahl. Es ist ihr gutes Recht. Und die Gerichte versuchen, was bleibt ihnen auch anderes übrig, die Anträge in großen Ablage-Regalen zu stapeln.

Oury Jalloh

Die Meldung im Radio. Hier eine andere in der Zeitung.

Nach den Erkenntnissen das Landgerichts soll Jalloh - obwohl auf einer Liege festgebunden - mit einem Feuerzeug den Bezug der Pritsche aufgeschmort und den Schaumstoff im Inneren angezündet haben. Das dadurch ausgelöste Alarmsignal des Rauchmelders hat der angeklagte Beamte zunächst mehrfach abgestellt und war erst mit Verzögerung zur Zelle geeilt.


Eine fatale Geschichte! Hier prallen, man kann es direkt fühlen, Welten aufeinander. Die Angehörigen des Toten fordern lautstark Gerechtigkeit -- eine andere Gerechtigkeit als die eines bundesdeutschen Gerichts mit all der zögerlichen Abwägung von Zeugen und Beweisen und dem "Im Zweifel für den Angeklagten".

Volkes Stimme, hinter den Polizisten, sagt etwa (und keiner berichtet davon): Wenn sie in ihren afrikanischen Heimatländern so hinter Gerechtigkeit her wären, diese Leute, hätten sie erst gar nicht zu uns kommen müssen. Dort in Afrika herrschen Folter und Chaos, und hier wird auf feine Ordnung geachtet. Außerdem -- wenn sich einer anzündet, dann muss er umgehend gerettet werden? Wo bleibt da der freie Wille? Er hätte es doch auch lassen können? Und außerdem -- das Benehmen vor der eigentlichen Tat! Hat jemand schon mal Polizisten befragt, wie sich ihre "Kunden" tagein-tagaus so benehmen. Was sich die Polizisten da alles gefallen lassen müssen? Wäre das nicht auch einen Bericht wert?! Erklärt das womöglich, warum ein Polizist nach dem x-ten mutwillig ausgelösten Alarm nicht gleich losrennt?

Quelle? Wie immer sagt die Diskussion hinter dem Wikipedia-Artikel mehr als der Artikel selbst.

Nachtrag: Ich habe weitergelesen. Ich weiß es einfach nicht, wo die Schuld liegt. Oder wie sie sich ggf. verteilt.

Und was macht man mit dieser Einlassung?

"Ein Artikel einer Enzyklopädie hat nicht die Aufgabe Stimmung zu machen, unklare Sachverhalte darzustellen oder zu politisieren, so wie es hier ganz klar der Fall ist. Durch diesen Artikel wird der Polizei und der deutschen Justiz ganz klar unterschwelliger Rassismus vorgeworfen. Wenn der Obdachlose XY in einer Ausnüchterungszelle ums Leben gekommen wäre, hätte er ganz sicher keinen Artikel in der Wikipedia bekommen. Dies stellt meiner Meinung nach eine Ungleichbehandlung aus ethnischen Gründen dar, was im Endeffekt nichts anderes ist als alternativer Rassismus. Und selbst wenn sich der Vorwurf bewahrheitet hätte, ist dies keine Relevanz für einen Artikel, denn dann müsste man auch für hunderte andere Opfer rassistischer Straftaten, wie sie jedes Jahr in Deutschland passieren, einen Artikel erstellen. --Porphyrion 23:19, 10. Dez. 2008 (CET)"

Hat Porphyrion Recht? Die Relevanz-Frage ist also ebenfalls sehr vertrackt.

Zeitungsbesichtigung am Morgen

Die Darwin-Preis-Geschichte ist schon ein wenig angejahrt; aber den heutigen Nachtrag aus der Papierausgabe der SZ habe ich im ePaper nicht gefunden. Im Übrigen -- China! Ja, da wär ich fast auch einmal gewesen. Nur habe ich trotz formvollendeter Einladung kein Visum bekommen. Fremdes Land.

Verteidiger vor Gericht
Der Kulturkampf um Chinas Mittelschicht/ Von Shi Ming
"Hohes Gericht", holte Chen Youxi, einer der bekanntesten Strafverteidiger Chinas tief Luft, um nach neun Stunden Gerichtverhandlung vor einem handverlesenen Publikum in Chongqing, der weltweit größten Metropole in Zentralchina, fortzufahren: "William Pitt der Ältere soll einmal über die Hütte eines Normalsterblichen gesagt haben: Hier hinein darf der Wind eindringen, der Regen auch, nur der König nicht". In diesem Sinne möchte ich mein Plädoyer zur Verteidigung meines Kollegen, des Anwalts Li Zhuang, wie folgt formulieren: In das Hoheitsgebiet des Rechtes darf der Wind eindringen, der Regen auch, nur der König nicht."

Von Markus C. Schulte von Drach
Dummheit kann lebensgefährlich sein. Immerhin: Wer sich ohne Selbstmordabsichten auf die idiotischste Weise umbringt, hat Chancen auf einen Preis: den Darwin Award.
22.01.2008, 11:09

Der Darwin Award geht an Personen, die ihre Gene selbst aus dem Genpool entfernen, indem sie sich auf idiotische Weise umbringen. Foto: istock
Der Fall der zwei Schwerverletzten in einer Stadt in South Carolina war mysteriös. Das junge Pärchen lag völlig nackt und leblos auf der Straße, als ein Taxifahrer sie in den frühen Morgenstunden des 20. Juni entdeckte. Nichts wies auf einen Verkehrsunfall hin. Zudem gab es keine Spur der Kleidung der Opfer. Erst als die Polizei die umliegenden Häuser erkundete, wurde sie fündig.

Auf einem der Gebäude fand sie die ordentlich abgelegten Kleider der beiden 21-Jährigen. Offenbar hatte sich das Pärchen auf der Dachschräge vergnügt, war abgerutscht und auf die Straße gestürzt. Im Krankenhaus konnte für die beiden nichts mehr getan werden.

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So, und dann muss mal wieder Martenstein erwähnt werden. Das kann man auch ganz lesen, der ZEIT sei Dank! und Kordamon ist noch mal was anderes?

Zu Hause googelte ich "Kodampoli oder Kokum". Es gab nur acht Rückmeldungen, eine davon war das Rezept aus der ZEIT, die anderen waren auf Englisch. Ein Blogger aus Malaysia berichtete, wie schwierig diese Zutat in Malaysia aufzutreiben sei. Eine Susheela Raghavan schrieb, dass es sich bei Kokum – in Kerala Kodampoli genannt – um die getrocknete Rinde eines immergrünen Baumes handele, der in der Provinz Gujarat sowie in der Region Maharashtra vorkomme. Das Rezept ist übrigens sehr gut, es geht aber auch mit Kurkuma.

Mittwoch, 6. Januar 2010

Rechtschreibreform zum wiederholten Male 2

Alle Beiträge zur Rechtschreibreform in diesem Blog. ]

Ich komme einfach nicht davon los! Die RSR. Wollen wir es nicht positiv sehen? In einem gewissen Rahmen gilt heute: Schreib wie du willst! In einem gewissen Rahmen, wohlgemerkt! Und diesen Rahmen zu sehen, ist für die verbale Unterschicht auf keinen Fall leichter geworden gegenüber vor 1996. Das hammse jetzt davon, die Menschheitsbeglücker von der Rechtschreibreform! Das folgende Ergebnis ist im Sinne des neuen Gefühls jedenfalls sehr, sehr schön:

Ein ZEIT-Magazin

Gedanken beim Durchblättern eines ZEIT-Magazins.
  • "Die Selbstinszenierung der modernen Väter". Umschlag. Dazu ein Bild eines recht jungen Mannes mit den Händen auf einem Schwangeren-Bauch. Streckt er, der sonst Schlanke, den eigenen Bauch nur vor oder ist da was gefakt? Auf jeden Fall etwas überkandidelt, das Bild wie der Text. Aber so ist es nun mal, das ZEIT-Magazin. Das Überkandidelte als der moderne Lebensentwurf für moderne Menschen.
  • Ach, apropos überkandidelt! Auf der nächsten Seite, also auf der Rückseite des Umschlags, ist eine Anzeige. Bree. In einem eigens gestylten Schriftzug aus Großbuchstaben. Nie gehört. Eine seltsam fahrig lachende blonde Frau, nackt soweit zu sehen, hält die Handtasche, für die geworben werden soll, vor die Brust. Die Haare hochtoupiert, so als sei sie gerade aufgestanden. Das Ganze aber natürlich kunstvollst arrangiert. Dunkel unterlegte Augenpartie. Ich kannte mal eine Schwedin, Ulla, die Freundin von Güniz, seinerzeit, in Tübingen, die ungefähr so gelacht hat wie dieses Model. Ulla schwärmte so sehr für schwarze Männer! Sie ist einmal hinter einem -- den hat sie wohl als GI kennengelernt; aber da bin ich mir wirklich nicht mehr sicher --, also sie ist hinter dem in die USA hergereist. So verliebt war sie. Ist trotzdem nichts geworden. Das letzte was ich gehört habe -- von Güniz? -- war, dass sie mit einem schwedischen Zahnarzt verheiratet ist. Oder war. Ist schon wieder so lange her. (Und ich will dann doch wissen, wer sich hinter Bree verbirgt. Und siehe da -- offenbar ein Riesen-Werbeaufgebot und dabei Taschen, die direkt übers Internet vermarktet werden. Zu durchaus noch bezahlbaren Preisen. Ob das gut gehen kann?)
  • Martenstein, den ich immer lese. Launig wie immer. Diesmal über die Auswahl unter Bewerbern. Als ich letzthin sehr kritische Studenten, die an allem und jedem was auszusetzen hatten -- vor allem an jedem und jeder --, ich habe also gefragt, wen sie denn positiv sähen. Also so, dass sie so sein möchten. Da sagte nach längerem Nachdenken ein junger Mann kurz und knapp: Martenstein. Und was soll ich sagen? Ist schon ein toller Typ, der Martenstein. Nicht nur ausweislich seines Schreibens in dieser Kolumne. Sogar als Darsteller macht er sich nicht übel. Was hab ich ihn da gesehen? Mal sehen, ob ich es schnell finde... Also das, was ich gesucht habe, eine SPIEGEL-Konferenz der Erinnerung nach. Aber es gibt genug, und das da ist auch nicht schlecht. Und im Übrigen glaube ich, dass Martenstein wie in einem Traum lebt. "Das -- dieser ziemlich berühmte Kolumnist --, das bin ich!? Unglaublich. Hätte ich mir das mit 17 träumen lassen, damals, als man noch Träume hatte? Lebe deinen Traum! Recht so. Aber -- habe ich meinen Traum verwirklicht, wie man so sagt? Oder hat mich ein Traum verwirklicht?" So ungefähr muss Martenstein fühlen.
  • Städteslogans und Tiger Woods, das überschlage ich mal.
  • Jetzt kommen die Väter-Darsteller. Irgendwo erfährt man, dass es Bauchprothesen aus -- Schaumstoff, glaub ich, sind. Was für affige Bilder und was für ein gaghaft-affiger Artikel. Gewollt zeitgeistig. Es gibt nichts Schlimmeres im Journalismus!
  • Und gleich dahinter die 3. Welt und der Mord an einem Bauern-Vertreter in Brasilien. "In dem Land [Brasilien] verfügen drei Prozent der Bauern über zwei Drittel des bebaubaren Landes." Wo findet man die Zahlen sonst? Jetzt also nicht die des bebaubaren Landes und seiner Besitzer, sondern der Reichtumsverteilung allgemein?
  • Ich halte inne: Irgendwie ist das alles, als ob einer auf der Totenfeier Witze erzählt. Oder vielleicht nicht grad Witze. Aber halt nicht in der einen oder anderen Form über den Toten und den Sinn des Lebens spricht. Deplaziert [sic] das eine oder andere.
So, jetzt ist es auch genug. Dass Dieter Althaus zurückgetreten ist, Schande! Das hab ich nicht mitbekommen. Siehe S. 46. "Der Verlust des Amtes war auch befreiend." Na also.

Dienstag, 5. Januar 2010

Ohne Kommentar

„Islam4UK“ vertritt die Verwandlung Großbritanniens in ein der Scharia unterworfenes Kalifat. Auf der Homepage der Gruppe fordert er in einem offenen Brief die Familien britischer Gefallener auf, zum Islam überzutreten und sich damit „vor dem Höllenfeuer zu bewahren“. Auf der gleichen Website predigt in einem Video „Bruder Abu Yahya“, die „drei Idole des 21. Jahrhunderts zu vernichten: Demokratie, Freiheit und Säkularisation.“ Das alles konnte man bis Montagabend noch herunterladen: Seitdem ist die Website von „Islam4UK“ aus bisher nicht bekannten Gründen gesperrt.

Auseinandersetzungen

Wieder einmal die Idee, dass es eine Sprachaufbewahrungsinstitution geben müsste, die die normale Sprache und die normalen Auseinandersetzungen dokumentiert, um zukünftigen Generationen Material an die Hand zu geben. Für das Verstehen der Altvorderen. Hier mal wieder so ein Beispiel. Und weiterhin bemerkenswert: Das Internet beschert der WELT eine ganz neue Leserschicht!

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KEVIN RUSSELL
Der Böhse Onkel und die Flucht
VON SARAH LENA GRAHN
5. Januar 2010, 09:09 Uhr

Nach einem schweren Verkehrsunfall mit Fahrerflucht am Silvesterabend auf der A 66 bei Frankfurt am Main ermittelt die Polizei gegen ein Mitglied der 2005 aufgelösten Rockband Böhse Onkelz. Der Sänger Kevin Russell stehe unter Verdacht, den Unfall verursacht und anschließend zu Fuß geflüchtet zu sein, sagte eine Sprecherin der Staatsanwaltschaft Frankfurt.

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05.01.2010, 10:03 Uhr David sagt:
@ Von der Lügen Soviel Schwachsinn mit so wenig Worten. Respekt!

05.01.2010, 10:08 Uhr jeff123 sagt:
@von der Lügen
Das sehe ich ähnlich

05.01.2010, 10:12 Uhr LiebeTante sagt:
an vonder lügen. was bist du für ein Spinner. Es ist nix bewiesen. und gemanden den Tod wünschen ist das allerletzte. Wenn du die Onkelz und die Texte kennen würdest wüsstest du wie die zb zu (wie du es sagst) Kinderfickern stehen. Ich urteile nicht bevor nichts bewiesen ist. Es ist sehr schlimm was passiert ist aber es ist schon oft passiert. bei unbekannten Menschen da wird nicht so ein Trara draus gemacht..

05.01.2010, 10:32 Uhr Tim sagt:
Zitat: "bei unbekannten Menschen da wird nicht so ein Trara draus gemacht.." Nö, ist klar. Der arme böhse Onkel hat zwei Menschen im brenennden Auto zurückgelassen und ist feige geflüchtet. Aber was soll´s. So´n Trara aber auch. Onkelz-Fans sind mir seit dem Unfall echt noch unheimlicher ...

05.01.2010, 10:40 Uhr LiebeTante sagt:
Tim... das hast du etwas aus dem zusammenhang gerissen. Meiner Familie ist sowas auch schon einmal passiert. Die´erst unbekannte Dame ist auch einfach abgehauen. Das ist nicht in Ordnung. Das geht gar nicht. aber jemanden zu verurteilen geht gar nicht. Es ist noch nix bewiesen... und nur weil er ein Onkel ist... ist das ja schon von vorneherein ein schlechter Mensch oder was....???!!

Sonntag, 3. Januar 2010

Na ja. Fußball eben.

Luca geht zum AS Rom. So ist das im Fußball. Aber vielleicht lag bei den Bayern was falsch, nicht bei ihm? Die schnelle Undankbarkeit ist Teil des Fußballgeschäfts. Nur des Fußballgeschäfts? Die Gesellschaft im Spiegel des Fußballs? Erfolg, schneller und schnell verwelkender Erfolg. Karriere. Geld. Rechnen. Keine Rede mehr von den 39 Toren und dem Jubel 2007 / 08. Ribery, der seinerzeit Total-Umjubelte, wird folgen. Nicht nach Rom Irgendwohin. So ist das Leben. Leichtes Ekelgefühl.

Flugsicherheit, Körperscanner usw.

Daten- und Persönlichkeitsschutz und Flugsicherheit -- das ist ein extrem komplexes Thema.

Mal ein Gedankenexperiment: Es gibt zwei Fluglinien: a) GS = German Safety und b) GF = German Freedom. Bei der GS darf nur einchecken, wer sich in jeder Hinsicht durchleuchten und befragen lässt. Bei b) darf jeder (fast) unkontrolliert einsteigen.

Würden Sie bei GS oder bei GF buchen?

Samstag, 2. Januar 2010

Idiomatik 1: etwas (fest) im Griff haben

Farin Urlaub

Gerade bei der Wikipedia gefunden:
  • Farin Urlaubs erklärtes Lebensziel ist es, alle Länder der Welt bereist zu haben. Sein derzeitiger Stand beträgt 102 bereiste Länder.
  • Farin ist großer Japan-Fan, weshalb in diversen Songs Reminiszenzen an dieses Land auftauchen (Sumisu, Pakistan, Nichimgriff).
  • Die Gruppe LiLi aus Köln hat einen Song über Farin geschrieben mit dem Titel "Farin U."

Monica Lierhaus

Nun, ob Monica L. denn im Vollsinn ein Tabuthema ist? Keine Ahnung. Aber die WELT* sieht es so. Dabei -- an Monica Lierhaus reicht "die Homburg" (WELT-Originalton) tatsächlich nicht heran. Wobei auch noch anzumerken bleibt: Diese Attraktivitätsschiene in den, sagen wir: visuellen Medien -- das ist schon beinhart! So kommt Judith Rakers nach oben. Immer gesprochen für den Fall der Annahme, dass die Tagesschau OBEN ist. Und J. R. ist schon wirklich gut. Nicht nur visuell. Wer würde so gut gegen Harald Schmidt bestehen wie sie?

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* Monica Lierhaus. Ein Tabuthema bei der ARD. Keiner sagt etwas, da schließt sie sich an. Es weiß ja auch keiner was. Ob die Zeitungen jetzt schreiben, sie sei die Nachfolgerin oder die Platzhalterin, "ist doch müßig. Es ist in jedem Fall ein komisches Gefühl". Am 6. Januar, wenn Valeska Homburg in der ARD das Abschlussspringen der Vierschanzentournee in Bischofshofen moderiert, genau dann jährt sich der letzte Fernsehauftritt von Monica Lierhaus. Danach ist sie schwer erkrankt, wurde dem Vernehmen nach in ein künstliches Koma versetzt, um ihren Gesundheitszustand, um ihre Wiederkehr, ob, wann, oder wie, ranken sich seither nur Gerüchte. Dass Valeska Homburg sie nun vertritt, liegt auf der Hand. Sie macht das schon seit Jahren. Moderiert, interviewt, überträgt von den Schanzen dieser Welt. Jetzt ist sie eben eingesprungen, mit großem Erfolg, Oberstdorf war erst der Anfang. "Ich gucke nur nach vorn. Keiner hat sich das so gewünscht. Ich auch nicht. Das ist in keinster Weise schön." Alle im Team sind bedrückt, wenn das Thema auftaucht. Sie kennen sich, die Lierhaus und die Homburg. Pflegten ein gutes, kollegiales Verhältnis. "Ich möchte, dass sie wiederkommt. Dann trete ich sofort zur Seite. Das ist ihr Platz. Nicht meiner."