Montag, 28. Juni 2010

Thank you, Fußball-Gott! (c) The BILD-Zeitung

Die BILD-Zeitung jetzt also auch: philosophisch, metaphysisch, religiös. Wegen dieses unerhörten Ereignisses einer neuen Art von Bericht, bringe ich die Einschätzung des gestrigen Spiels hier im Volltext:


NACH 44 JAHREN IST WEMBLEY ENDLICH AUSGEGLICHEN



Thank you, Fußball-Gott!


JETZT WISSEN DIE ENGLÄNDER, WIE WIR UNS DIE GANZE ZEIT GEFÜHLT HABEN


27.06.2010 - 23:48

  • 30. Juli 1966. Die 101. Minute im WM-Finale im Londoner Wembleystadion. Englands Geoff Hurst hämmert den Ball an die Unterkante der Latte. Der Ball springt auf die Linie, die Kreide staubt auf. Dann geschieht das Unfassbare: Der sowjetische Linienrichter Tofik Bachramow zeigt an: TOR! 3:2 (Endstand 4:2), England ist Weltmeister. Deutschland weint.
  • 27. Juni 2010. Die 38. Minute im WM-Achtelfinale von Bloemfontein. Lampards 17-Meter-Schuss kracht an die Unterkante der Latte. Er prallt klar (geschätzte 40 Zentimeter) hinter der Linie auf den Rasen. Er springt zurück an die Latte. Torwart Neuer fängt ihn auf. TOR – so klar wie Wembley KEIN TOR war.
Es wäre das 2:2 gewesen. Und wer weiß, wie das Spiel dann gelaufen wäre. Doch der uruguayische Schiri-Assistent Mauritio Espinosa reagiert nicht, seine Fahne bleibt unten. Er hat kein Tor gesehen. Vermutlich als einziger Mensch auf diesem Planeten. Eine dramatische Fehlentscheidung! So wie 1966. Aber diesmal weint England.

THANK YOU, FUSSBALLGOTT!

Du hast dir viel Zeit gelassen, das Unrecht auszugleichen. Wir hatten schon nicht mehr daran geglaubt. Seit gestern ist Wembley wettgemacht. Liebe Engländer, jetzt wisst Ihr, wie wir uns 44 Jahre lang gefühlt haben. Wütend über soviel Ungerechtigkeit, bestohlen um den Titel.

Auch wenn viele Leser dieser Zeilen das Wembley-Tor nur aus Erzählungen kennen: Dieser verfluchte Fußball-Moment wurde von Generation zu Generation weitergegeben. Nun ist er gebrochen.

Wir geben ohne Wenn und Aber zu: Das war gestern EIN TOR, ihr seid betrogen worden. Aber bitteschön, nun gesteht Ihr auch: Wembley war KEIN TOR.

Liebe Engländer, lasst uns gemeinsam den Schluss-Strich ziehen. Und uns auf künftige große Duelle zwischen unseren Teams freuen.

Und die SUN mault. Und betreibt dann doch Trauerarbeit. Auch das ein schöner Schritt. Und die Einsicht zwischendurch:

"None are as blind as those 
who cannot see." 

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