Mittwoch, 5. September 2018

Voltaire und die Gegenwart

ZEIT-Kommentar (Artikel > nicht freigeschaltet > doch noch freigeschaltet)

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"Der Mann [mit dem Deutschlandhut, da in Dresden] wurde hoffentlich nicht zu seiner ideologischen Haltung gezwungen."

Jetzt mal genauer:

1. Hinter jeder Demonstration steht eine 'ideologische Haltung'. Hinter jeder! (Natürlich gibt es Menschen, die sagen: "Ich und die Meinen, wir sehen die Welt, wie sie wirklich ist, wir denken objektiv! Alle anderen sind Ideologen." Aber wollen wir das ernst nehmen? Das sind doch schlichte Gemüter, oder?)

2. Wollen wir jetzt jeden, der zu einer Demonstration marschiert, aufnehmen und dann nachschauen, wo er denn so arbeitet? Und bei Befund (öffentlicher Dienst, Lehrer, usw.) wird eine große Glocke daraus, an die man's hängen kann? Da könnten wir vielleicht der Einfachheit halber schon mal die Mitgliederlisten der Parteien -- natürlich vorzugweise der AfD -- ins Internet stellen.

Heißt: Ich bleibe beim guten alten Voltaire: "Du bist anderer Meinung als ich und ich werde dein Recht dazu bis in den Tod verteidigen."*

Was ich sagen will, ist: Wir sollten alle mal ein wenig runterkommen. Die von der AfD genauso wie die Linksliberalen hier. Und -- ja, mir tut der arme Kerl aus Dresden leid. Er macht eine sehr unglückliche Figur. Aber ich überlege auch: Welche Figur würden die Kommentatoren aus diesem Forum machen, wenn man sie vor eine TV-Kamera zöge?

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* Na schön, es war nicht Voltaire, der das gesagt hat, sondern seine Freundin im Geiste, Evelyn Beatrice Hall, Anfang des 20. Jahrhunderts. Und das mit dem Tod ist vielleicht doch ein wenig arg pathetisch.

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