Dienstag, 11. Dezember 2018

Karl Barth

Notizbuch

Ein Podcast, Zeitzeichen, über K. B. Darin vieles, was ich nicht wusste. Vor allem zum "sehr privaten Karl Barth".

Das bürgerliche Igitt?

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... Oder wollte ich wissen, dass Karl Barth sich im hohen Alter unglücklich in eine Krankenschwester verliebte (413 f.), dass Charlotte von Kirschbaum ein Alkoholproblem hatte (670) oder es zwischen ihr und Nelly Barth mitunter Ohrfeigen setzte (669)? Möchte ich wissen, dass Nelly Barth im Haushalt ein unerbittliches Regiment führte (721 u. ö.)? Muss ich es wissen? Eberhard Busch beteuert im Vorwort, es gäbe in seinen »Notizen Manches, was ungedruckt bleiben darf«, ansonsten aber bedürfe es »von Seiten der Leser eines verständnisvollen Großmuts«. Bin ich kleinmütig, dass ich Barths psychoide Einlassungen über seine »vier Frauen« (418 f. 664 ff. u. ö.) nicht in einem doch eigentlich theologisch angelegten (Tage-)Buch erwarte? Die Erlebnis- und Erfahrungsschilderungen zu Rösy Münger (»Er weinte und sprach von ›Rösy‹, von seiner ersten Liebe, von der unversiegten, unverloschenen Liebe zu ihr …« [228]), Nelly Barth (»Er habe sie wohl zu schnell und überstürzt geheiratet« [45]), Charlotte von Kirschbaum (»Ich bin verzehrt von dem, was ich tags und nachts mit Karl zu arbeiten hatte« [21.670]) oder jener Anonyma (»Noch nie sei er im Leben so verliebt gewesen« [413]) entfalten über 760 Seiten eine atemberaubende Dynamik. Barth selbst schimpft sich immer wieder einen »Esel« (322 u. ö.) oder einen senex loquax (162 u. ö.). Er kann tief verzweifelt sein und in Tränen ausbrechen, er kann dem eine theologische Grammatik verleihen und von der Hölle träumen, die »in eiskalter Landschaft eine unendliche Leere« ist und »mittendrin ein unendlich einsamer Mensch«. Und er sagt zu sich selbst: »Das droht dir!« (thlz.com)

Oktober/2011 - Busch, Eberhard: Meine Zeit mit Karl Barth. Tagebuch 1965–1968. Göttingen: Vandenhoeck & Ruprecht 2011.

Rezensent: Reiner Marquard

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Das "Oder wollte ich wissen..." legt nahe, dass der Rezensent Marquard das nicht wissen wollte. Aber dann wird es doch gelegentlich auch bei ihm anrührend. Alles in allem -- ein Bericht zu dem viel zu wenig behandelten Zusammenhang zwischen öffentlicher und privater und, ja: intimer Person, die Menschen immer zugleich sind.

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Nachtrag: Und kaum wird man fündig, geht es immer weiter! Da gibt es also sogar einen Roman über Karl Barth!

Klaas Huizing: Zu dritt. Karl Barth, Nelly Barth, Charlotte von Kirschbaum. Tübingen: Klöpfer & Meyer. (Rezension: saarbruecker-zeitung.de)

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