Montag, 6. Mai 2019

Süddeutsche Zeitung: "Tödlicher Streit"

Notizbuch


Der Hintergrund der folgenden Überlegungen findet sich in diesem Blog seltsamerweise unter dem Stichwort "Linienrichter". Und ich kommt immer wieder mal auf diesen Hintergrund zurück:

Pressekodex. Schluss mit der Selbstzensur. Der Pressekodex muss geändert werden: Journalisten sollten die Herkunft von Straftätern nennen dürfen. Von Horst Pöttker 2. Oktober 2013, 8:00 Uhr Editiert am 11. Oktober 2013, 15:42 Uhr DIE ZEIT Nr. 41/2013 -- 14 Kommentare (zeit.de)

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Meldung der SZ, in der abonnierten Print-Ausgabe heute gelesen und dann im Internet nachgeschlagen:

5. Mai 2019, 14:57 Uhr Tödlicher Streit in der Innenstadt 17-jähriger Schüler stirbt nach Stichverletzung. Polizei in München. ... Herzog-Wilhelm-Straße, in der Münchner Altstadt, kam es am Karfreitag zu der tödlichen Auseinandersetzung. || Am Karfreitag wurden zwei Jugendliche mit einem spitzen Gegenstand verletzt, ein 17-Jähriger ist am Freitag an den Folgen gestorben. Der mutmaßliche Täter ist zunächst geflüchtet, ist aber am Donnerstag nach einer internationalen Fahndung in Frankreich gefasst worden. Offenbar war es zu einem Streit zwischen zwei Gruppen gekommen, in dessen Verlauf der 21-jährige Tatverdächtige mehrfach zugestoßen haben soll. Von Martin Bernstein 

Wieder dieser Fall, dass ein Mann, ein 21jähriger genannt wird. Dann eine lange gewundene Beschreibung und schließlich, nach viel Zögern: die Herkunft wird genannt. Mal nachgezählt: Die Meldung ist 608 Wörter lang. Das Wort "Afghanen" ist das Wort 433.

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Der mutmaßliche Haupttäter, sein Begleiter sowie die zwei Mädchen flohen nach der Auseinandersetzung. Schon bald hatte die Polizei aber eine Spur. Wie sie auf den jetzt festgenommenen 21-Jährigen kam, einen Afghanen, der 2016 nach Deutschland geflohen und in einer Unterkunft im Landkreis Starnberg gemeldet war [...] (sueddeutsche.de)

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Dann das, extra:


Anmerkung der Redaktion In der Regel berichtet die SZ nicht über ethnische, religiöse oder nationale Zugehörigkeiten mutmaßlicher Straftäter. Wir weichen nur bei begründetem öffentlichen Interesse von dieser im Pressekodex vereinbarten Linie ab. Das kann bei außergewöhnlichen Straftaten wie Terroranschlägen oder Kapitalverbrechen der Fall sein oder bei Straftaten, die aus einer größeren Gruppe heraus begangen werden (wie Silvester 2015 in Köln). Ein öffentliches Interesse besteht auch bei Fahndungsaufrufen oder wenn die Biografie einer verdächtigen Person für die Straftat von Bedeutung ist. Wir entscheiden das im Einzelfall und sind grundsätzlich zurückhaltend, um keine Vorurteile gegenüber Minderheiten zu schüren.

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Das ist wieder sowas von verkrampft! Ein typisch juristischer Wischiwaschi-Begriff: "bei begründetem öffentlichen Interesse". Eine Feigenblatt-Vollmacht sozusagen. Da dürfen dann die kundigen Journalisten auftreten und festlegen. Die anderen Bürger / Leser nicht. Für die wird vorentschieden. Erreicht wird mit hoher Wahrscheinlichkeit das Gegenteil dessen, was erreicht werden soll: Die Leser -- ich bin sicher, dass ich da nicht der Einzige bin -- fühlen sich bevormundet und zu Kindern degradiert, denen eine gnädige Redaktion das für sie Zuträgliche mal eben so mitteilt. Oder eben auch nicht.

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