Montag, 30. März 2015

Die Mühle einer sogenannten 'Textkritik'

Ich dachte, ich könnte mich einfach mal jemandem in seiner Kritik der Kritik anschließen und dann wär es gut. Dem folgenden Absatz aus der FAZ, geschrieben von Frank Lübberding am 30.03.2015, wollte ich mich anschließen.

"Die [Wahrnehmung von Berichterstattung in den Medien] wird allmählich wirklich zum Problem. Selbst der Versuch, einen wenigstens in Europa beispiellosen Vorgang wie diesen Mord an 149 Menschen zu verstehen, gerät mittlerweile in die Mühle einer sogenannten „Textkritik“, die hinter jeder Formulierung den Verdacht wittert, Vorurteile zu transportieren. Nur wie soll man über Andreas Lubitz sprechen, ohne den biographischen Hintergrund auszuleuchten, an dessen Ende diese grauenhafte Tat stand? Dazu gehört seine männliche Sozialisation genauso wie seine Karriere als Pilot oder seine gesundheitliche Verfassung. Aus der andauernden Warnung vor möglichen Vorurteilen wird mittlerweile eine Art Diskussionsverbot über elementare Sachverhalte, die zur Aufklärung dieses beispiellosen Falles beitragen könnten."

Aber dann lese ich ein paar Zentimeter tiefer im Forum, geschrieben von NINJANI BELUNGO || 30.03.2015 13:29:

"Ich denke, ich spreche fuer die Mehrheit der Foristen: [!] Der Tenor der FAZ TV Medienkritik macht den Sachverhalt nicht besser. Die Verurteilung eines (allerdings schon toten) Menschen fuer eine Tat, die sich aktuell immer noch nur auf eine ungewisse Indizienlage und vage Hypothesen stuetzt. Es gibt aus meiner Sicht kein Gesetz in Deutschland, das Ihnen oder Ihren Foristen verbietet, ueber den Verlauf eines wie auch immer gearteten und grausamen Geschehens zu spekulieren. Der Konjunktiv ist jedoch immer dort anzuwenden, wo keine gesicherten Daten und Erkenntnisse vorliegen. Das gilt insbesondere auch z.B. hinsichtlich der Auswertung und Interpretation der Signale vom „Voice Recorder“. Natuerlich duerfen Sie sich auch folgender Formulierungen bedienen: „Wir gehen davon aus, wir sind uns ziemlich sicher, wir meinen, XY sagt, dass… usw.“ Ich gebe zu bedenken, dass Sie trotz Presse- und Meinungsfreiheit sich unter Umstaenden einer zivilrechtlichen oder sogar strafrechtlichen Verfolgung aussetzen, wenn Sie augenscheinlich ungesicherte Erkenntnisse in Ihrer Zeitung als Tatsachen darstellen."

Jesses, die Spracherpichten! Ja, es ist so: Es gerät alles, kaum dass etwas gesagt oder geschrieben ist, "in die Mühle einer sogenannten 'Textkritik'"! Die dann aber gleichzeitig Politiker-, Experten, Journalisten- sowie Vorurteils- und Wirklichkeitsbegriff-Kritik ist. In einem Tonfall, in dem sich Sprachexperte, Gesetzgeber und Richter zu einer Person verschmelzen: "Der Konjunktiv ist jedoch immer dort anzuwenden ..." O diese Art von 'Foristen'!

Wenn alles über diesen Unfall geklärt ist, soweit es denn zu klären ist, dann werde ich mich einmal daran machen, diese Formen der Allverdächtigung auf den Prüfstand zu stellen. Mit weniger als einem Buch wird das, was die Zahl der Seiten angeht, nicht zu machen sein.