Montag, 8. Juli 2019

"Die „SZ“ schließt ..."

Notizbuch

Ja, die liberalen Zeitungen!

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Die „SZ“ schließt ihre Kommentarfunktion. Frontalunterricht. Die Süddeutsche Zeitung will in Zukunft auf ihrem Online-Angebot „direkter“ kommunizieren. Für den Leser heißt das: nur gucken, nicht anfassen. Jan Jasper Kosok | Ausgabe 37/2014 

Die „SZ“ schließt ihre Kommentarfunktion ... oder lieber nicht. Foto: Screenshot, sueddeutsche.de „Direkter, konzentrierter, besser moderiert“ – mit diesen Worten kündigt die Süddeutsche Zeitung ihre Antwort auf die Gretchenfrage des Journalismus in Deutschland an: Wie soll man im Internet mit dem Leser umgehen, diesem mystischen Wesen, ohne den es gar nicht, mit dem es eben aber auch nicht so recht gehen will? Die Antwort der Süddeutschen Zeitung lautet: Unter normalen Artikeln darf nicht mehr kommentiert werden. Dies werde in Zukunft nur noch in den sozialen Netzen geschehen. „Direkter“ meint für die SZ also vor allem eines: Nicht mehr im Sichtfeld der Autoren und am besten so weit weg von der Webseite wie möglich. Dazu gibt es täglich zwei bis drei – bislang schwer aufzufindende – Diskussionen auf sueddeutsche.de selbst, in denen sich ein "SZ-Debattenteam" um die Meinungen der Leser kümmert. (freitag.de)

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Das Weiterlesen lohnt sich!


... Nun sollte man vielleicht von einem Medium, das einst von sich reden machte, weil es nachts die Kommentarfunktion ausschaltete, nicht erwarten, dass es den Umgang mit dem Leser neu erfindet. Aber es ist schon bedenklich, wenn sich mit der Süddeutschen Zeitung ein weiteres großes Haus von der Idee des direkten Austauschs mit dem Nutzer verabschiedet und zum Frontalunterricht zurückkehrt.

Denn allein steht die SZ damit nicht. Es liegt im Trend, Kommentarfunktionen einzuschränken, zu verstecken oder sogar ganz einzustellen. In den meisten Medienhäusern werden sie als störend empfunden. Nach wie vor gilt die alte Online-Weisheit, nach der in vier von fünf Fällen ein Kommentar keinen Mehrwert bringt. Aber jeder fünfte Kommentar ist eine Chance – auf Wissenszuwachs, Ideen oder einen überraschenden Blick. Diese Chance gilt es zu ergreifen – auch wenn das aufwendig und, ja, auch anstrengend sein kann.

Andere Wege, mit dem Leser zu arbeiten, tun sich dort auf, wo Redaktionen bereit sind, Kontrolle an den Leser abzugeben und ihm zu vertrauen.* Wo Strukturen geschaffen werden, in denen Nutzer ohne Zentralorgan auskommen. Es geht darum, nicht gegen, sondern mit dem Leser zu arbeiten: Das ist die wahre Herausforderung, vor der der klassische Journalismus steht, wenn er sich einen Teil seiner verloren gegangenen Glaubwürdigkeit zurückerobern möchte.

* Stellt sich die Frage: Welche Redaktionen sind das? Na klar, der freitag selbst.

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Dann vielleicht das noch, aus Österreich:


Sascha | || Ich finde, das Problem wird im Artikel etwas reduziert dargestellt. Es geht nicht allein darum, wie ein Medium zu seinen Lesern steht. Beim Thema Foren sollte man auch reflektieren, dass es im extremen Fall zu einem Shitstorm kommen kann. In Österreich zb gibt es eine einzige halbwegs liberale Tageszeitung, linke Tageszeitungen haben wir hier gar nicht, und selbst in dieser einen Tageszeitung greift man sich oft an den Kopf, weil sich dort so viele geistige Brandstifter tummeln und mit ihrer Hate Speech das Lesen des Forums zur Qual machen. Angehörige von bestimmten Gruppen und Minderheiten werden speziell angefeindet - Cybersexismus, -Rassismus und -Homophobie prägen das Bild. Insofern verstehe ich es schon, wenn manche Foren als Notbremse geschlossen oder eingeschränkt werden.

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