Ich nehme einmal an, dass die Mexiko-Mauer, die Trump so vorschwebt, wenn sie ihm denn immer noch vorschwebt, technisch extrem aufwendig und also teuer und wahrscheinlich einfach blöd ist. Durchgerechnet habe ich das nicht, noch nicht mal wirklich durchdacht. Was mir aber schnell klar wird: Dass auch die menschenfreundlichen Gegner dieser Idee, Professoren gar, manchmal bar jeden Sinns daherkommen. Nehmen wir mal diese
Stelle:
"Im Kampf gegen illegale Einwanderung könnte die Mauer sogar kontraproduktiv sein. "Eine stärkere Grenzsicherung erhöht die Kosten eines illegalen Grenzübertritts, was dazu führt, dass die Menschen länger in den USA bleiben müssen, um die Reise profitabel zu machen", sagt der Soziologe Douglas Massey von der Universität Princeton."
Welche Struktur hat dieses Argument? Es besteht aus diesen drei Elementen:
Kosten für Grenzübertritt werden durch Mauer erhöht.
Es folgt: Längere Verweildauer für Abbezahlen notwendig.
Also: Besser keine Mauer, weil dann: geringere Verweildauer.
Da sind zunächst mal ein paar Dinge klärungsbedürftig. Angenommen wird, dass ein Mexikaner, der es in die USA geschafft hat, dort das Geld a) für den Schleuser und b) einen gewissen Betrag für sich und die Seinen verdienen will. Hat er das geschafft, geht er zurück.
Ist diese Annahme auch nur für 10 % der Fälle korrekt? Ich vermute: Nein. Vermutlich kommen die Menschen um zu bleiben. Aber selbst angenommen, die Annahme stimmt, dann stimmt die Logik dahinter nicht. Denn wenn man annimmt, dass der Grenzübertritt eines ist, nämlich illegal, dann würde auch gelten:
Kosten für Einbrüche werden durch Haussicherungen (Alarmanlagen etc.) erhöht.
Die Einbrecher müssen mehr Versuche machen und zu härteren Mitteln greifen.
Also besser: keine Schutzmaßnahmen ergreifen, dann geringere Einbruchzahlen und geringere Verweildauer der Einbrecher im Haus.
VORWEG: NEIN, ICH WILL DIE MEXIKANER NICHT ZU EINBRECHERN MACHEN!
Sie auch nicht mit Einbrechern vergleichen. Es geht um das abstrakte Legal / Illegal.
Und nicht vergessen: die Einbrüche haben, per se sozusagen, auch Vorteile. Sie kurbeln wegen der notwendigen Neuanschaffungen die Wirtschaft an und sichern Arbeitsplätze bei Glasern, Schlossern und in der Versicherungswirtschaft. (Das geht in die Richtung, dass in den USA die Einwanderer für die reichen Alteingesessenen auch viele Vorteile mit sich bringen. Billige Putzkräfte zum Beispiel.)
Oder, weiter in dieser Logik, noch einfacher: Wir stellen ein paar extrem schwach gesicherte Häuser mit viel Geld drin auf die grüne Wiese bei Aschaffenburg, warten ein wenig, bis sich das bei den Einbrechern herumgesprochen hat und glauben daran, dass dann all überall sonst die Einbruchsdiebstähle aufhören.
Aber seien wir realistisch. Alle diese argumentativen Spiele sind für 90% des Wahlvolks einfach und um mehrere Stufen "zu hoch". Die Menschen entscheiden aus ihren jeweils unterschiedlichen Bäuchen heraus, mal so, mal so. Logik ist da nicht mal ansatzweise nötig. Es geht prima auch ganz und gar ohne. Und überzeugt, dass sie recht haben, ja, das sind alle -- das ist das Verbindende über alle Lager hinweg.*
--
* Sehr gute Beispiele für die Möglichkeiten des "freien Argumentierens" finden sich immer wieder im ZEIT-Forum. Zu diesem Thema
hier.