Sonntag, 3. März 2019

Strindberg et al.

Notizbuch

Ich stelle gerade um. Über den Dichter, der die folgenden Zeilen geschrieben hat, hatte ich immer eine feste Meinung -- aus der Sekundärliteratur und aus ein paar wenigen Leseproben. Jetzt sehe ich -- das war ein ganz anderer Mensch, nicht der, den ich mir da zusammengereimt hatte. Modern, experimentell. Vielleicht -- nein, sogar wahrscheinlich: hat er sich auch oft verrannt. Wie das in Zeiten des Umbruchs leicht geschieht. Solche Ausführungen wie da unten in Verse zu fassen -- das konnte späterhin, als der Wind sich gedreht hatte, nicht gut gehen. Aber man kann sich auf eine neue, andere Weise damit beschäftigen ...

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Strindberg, herrlichster der Hasser,
Scheerbart, heiliges Riesenkänguruh,
und vor Allen Du, mein blasser,
vampyrblasser Stachu* du,

der mit mir durch manche Hölle
bis vor manchen Himmel kroch,
Cancan tanzend auf der schwindelnden Schwelle –
Przybyszewski, weißt du noch:

wie wir, spielend mit der blöden
Sucht nach unserm Seelenheile,
aufgestachelt von der öden
Wüstenluft der Langenweile

und der Glut der Toddydünste,
unser Meisterstück begingen
in der schwierigsten der Künste:
über unsern Schatten zu springen?!

Wie wir jedes Weib verpönten,
das nicht männlich mit uns tollte;
wie wir selbst auf Nietzsche höhnten,
der noch »Werte« predigen wollte!

Denn auch wir, wir waren Jeder
mehr als weiland Faust verschrien.
Darum schrieb ich auf mein Dichterkatheder:
Doctor sämtlicher Philosophieen!

Und da sah ich endlich sie erscheinen,
die noch niemals jemand sah,
sie, die Schöpferin des All-Einen,
sie, des Satans Großmama: ...

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* Vgl. hier. -- Stanisław Przybyszewski (1868 - 1927).

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